Auf überfüllten Fan-Festen im ganzen Land haben weit mehr als eine Million Fußball-Anhänger den zweiten deutschen Sieg bei der Weltmeisterschaft gefeiert. Der überschäumenden Freude nach dem 1:0 von Deutschland gegen Polen in Dortmund durch ein Tor von Oliver Neuville in der Nachspielzeit folgten in vielen Städten bis spät in die Nacht Auto-Korsos mit Hupkonzerten und wehenden schwarz-rot-goldenen Fahnen. Die Schlachtenbummler zogen mit "Oh, wie ist das schön"-Gesängen und "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin"-Rufen durch die Innenstädte.
Bei Ausschreitungen am Rande des Spiels sind in Dortmund insgesamt 429 Hooligans und Randalierer in Gewahrsam genommen worden. Das teilte die Polizei am Donnerstagmorgen mit. Mehrere Randalierer seien verletzt worden. Die ersten Ausschreitungen entwickelten sich, als die Polizei im Bereich des Alten Marktes eine Gruppierung von einschlägig registrierten 148 deutschen Hooligans mit einem starken Kräfteaufgebot einkesselte. Umstehende alkoholisierte deutsche Fans, griffen die Beamten massiv mit Steinwürfen, Leuchtraketen, Tischen und Stühlen an. Einen derart starken Solidarisierungseffekt habe es vorher noch nicht gegeben, berichtete die Polizei. Bei den Ausschreitungen seien einige Menschen verletzt worden, Polizeibeamte waren nicht darunter.
Fast gleichzeitig lieferten sich deutsche und polnische Fans in den Nebenstraßen um den Alten Markt Auseinandersetzungen. Diese konnten nur durch einen sofortigen Einsatz starker Polizeikräfte beendet werden. Der schnelle Einsatz habe auch vereinzelte Versuche vereitelt, die Einfriedung des Public-Viewing-Standorts Friedensplatz niederzureißen. Auch dort sei den Polizisten eine hohe Aggressivität entgegengeschlagen.
Keine gute Stimmung in Dortmund
"Es war eine aufgeladene Situation in der Stadt, keine gute Stimmung in Dortmund", sagte Polizeipräsident Hans Schulz am frühen Donnerstagmorgen auf einer Pressekonferenz. Insgesamt waren zum WM-Spiel rund 100.000 Fans in der Stadt. "Das waren Dimensionen, die alles sprengen, was wir bisher in Dortmund hatten", sagte Schulz. Die in der Gefangenensammelstelle, laut Polizei containerähnliche Räumlichkeiten, untergebrachten Randalierer wurden nach und nach wieder entlassen.
Neben diesen traurigen Szenen wurde in Deutschland weitgehend friedlich gefeiert: Auf die Straße des 17. Juni kamen Mittwochnacht nach Angaben des Senats mehr als 500.000 Menschen. Damit haben seit WM-Beginn am vergangenen Freitag etwa zwei Millionen Fans auf der größten Dauerparty der Republik zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor gefeiert. In Stuttgart und Hamburg feierten jeweils bis zu 70.000 Menschen ausgelassene Fußball-Feste.
Sicherheitslage überwiegend ruhig
Wie in Berlin, wo zeitweise wegen des Ansturms der Massen neun von zwölf Eingängen von der Polizei aus Sicherheitsgründen geschlossen werden mussten, sperrten die Behörden auch in Leipzig, Frankfurt, am Spielort Dortmund, sowie in Hamburg, Kaiserslautern und Mainz Zugänge zu Fan-Festen und Fan-Bereiche. In zahlreichen Städten mussten auch mehrere Hauptverkehrsstraßen gesperrt werden. Die Sicherheitslage war nach übereinstimmenden Polizeiberichten überwiegend ruhig.
Wegen der unmittelbar nach Spielabpfiff gestarteten Auto-Korsos kam es besonders in einigen größeren Städten zu Staus. In Berlin sperrte die Polizei den Kurfürstendamm für den sonstigen Straßenverkehr. Auf der zentralen Leopoldstraße in München-Schwabing tanzten und sangen Tausende von Fußball-Fans und brachten den Autoverkehr zum Erliegen.