"Weiter, immer weiter!", hatte Oliver Kahn einst geschrien – es wurde zum Mantra für eine ganze Branche. Immer weiter. Von Spiel zu Spiel. Von Minute zu Minute. Von Zweikampf zu Zweikampf. Weiter, immer weiter – bis es nicht mehr geht.
Der Rücktritt von Max Eberl bei Borussia Mönchengladbach zeigt, was passiert, wenn es irgendwann nicht mehr geht. "Ich habe keine Kraft mehr", sagte Eberl auf der Pressekonferenz zu seinem Abschied. Fünf Worte, die alles auf den Punkt bringen. Fünf Worte, die jedem Fußballfan die Beine wegziehen, wie es Eberl einst selbst bei seinen Gegenspielern getan hat.
Der Rücktritt kommt nicht überraschend
Dass der Rücktritt so überraschend kommt, liegt weniger an Eberl selbst. Boulevard-Medien spekulierten schon, woran es liegt, dass er nicht mehr will. An seiner neuen Freundin? An der bisher vergleichsweise schwachen Saison der Borussia? Nein – es liegt daran, dass er nicht mehr KANN, weil dieser Job und alles was dazu gehört so unendlich viele Körner kostet. Fast alle, die den Fußball verfolgen, vergessen das – zwangsläufig. Es geht ja schließlich "weiter, immer weiter".
Eine endlose Nachspielzeit-Schleife aus Pressing und Gegenpressing, auf und neben dem Platz. Druck machen, hart sein, dazwischen gehen – es gibt unzählige Floskeln, die zeigen, was die Fans von ihrem Team erwarten. Schwäche gehört definitiv nicht dazu. Irgendwann macht dieser Druck kaputt. Eberl ist in dieser Hinsicht weiß Gott nicht der Erste.
Egal ob Matthias Sammer, Ralf Rangnick, Per Mertesacker oder vermutlich noch unzählige weitere Spieler und Funktionäre, die aus Angst vor dem Stigma nicht öffentlich darüber reden – sie alle hat dieser Sport, dieser Druck, diese Verantwortung kaputt gemacht. Eberl selbst sprach davon, dass er aus dieser "Mühle" herauswolle und deshalb die Reißleine zog, vermutlich nur Sekunden bevor er sprichwörtlich zwischen die Mahlwerke geraten wäre.
Eberls Abschied kann Erinnerung sein, warum wir diesen Sport so lieben
So emotional die Pressekonferenz auch war und so schwer es für alle Fans und Beobachter von Borussia Mönchengladbach auch sein wird, ohne den so erfolgreichen Sportdirektor in die Zukunft zu gehen, so richtig ist Eberls Entscheidung. Niemand ist größer als der Verein, wird häufig gesagt. Aber niemals darf der Verein größer werden, als die eigene Freude am Leben.
Die legendären Duelle zwischen dem FC Bayern und Borussia Mönchengladbach
Das erste Duell der beiden Klubs in der Bundesliga, beide sind frisch aufgestiegen und treffen am Bökelberg aufeinander. Einige Namen sind noch sehr gegenwärtig. Jupp Heynckes (vorne links) zum Beispiel, damals 20 Jahre alt, liefert sich ein Laufduell mit Gerd Müller, zu diesem Zeitpunkt 19. Beide sollten ihre Teams bis weit in die Siebziger prägen. Günter Netzer schießt übrigens das 1:0 für Gladbach, dann drehen die Tore von Werner Olk und Gerd Müller die Partie zu Gunsten der Bayern.
Vielleicht ist Eberls Abschied, vor allem aber der Grund dafür, eine Blaupause und eine Erinnerung, warum man diesen Sport so liebt: Aus Freude am Spiel, an der Gemeinschaft, an den Emotionen. Wenn diese Freude verfliegt, braucht es einen Schlusspfiff. Eberl hat begriffen, dass nur er selbst zur Pfeife greifen kann, und hat es Gott sei Dank getan – denn diese hässliche Fratze des Fußballs, sie hätte nicht abgepfiffen, ehe man ihn nicht mit der Bahre vom Platz getragen hätte – und dann wäre es zu spät gewesen.
Eberl hat uns gezeigt, dass wir zwischen Viererkette, Doppelsechs und Flügelzange eines niemals vergessen dürfen: Auf und neben dem Platz stehen nicht nur Trikots, Nummern und Wappen, sondern in erster Linie Menschen. Mit Emotionen, Sorgen, Gefühlen und Ängsten.
Deshalb: Danke, Max Eberl!