MLB MLB - Top Fünf der Außenseitersiege

Viele Sportteams wandelten bereits in den Fußstapfen des Königs David, der den Riesen Goliath mithilfe einer Schleuder besiegen konnte. In der MLB bedient man sich zwar eines Schlägers, doch auch dieses Instrument kann bisweilen für Siege der vermeintlich Kleineren sorgen, wie unsere Top Fünf beweist.

Mit dem Weiterkommen der St. Louis Cardinals gegen die Philadelphia Phillies und der Detroit Tigers gegen die New York Yankees haben sich bereits zwei Teams in den diesjährigen Playoffs für einen Eintrag in die Liste der größten Außenseitersiege der Baseballgeschichte beworben. Doch fünf legendäre Underdog-Siege haben es uns besonders angetan:

5. Pirates vs. Yankees (World Series 1960)

Vor langer, langer Zeit waren die Pittsburgh Pirates tatsächlich ein erfolgreiches Team. 1960 gab es noch keine weiteren Playoffs und so zogen die Pirates mit 95 Siegen als Erster der National League in die World Series ein. Der Gegner aus New York hatte in der American League zwar nur zwei Spiele mehr gewonnen, doch die AL galt als die schwierigere der beiden Ligen. Auf dem Papier hätte man sogar vermuten können, dass der Titel in diesem Jahr klar an die Yankees ging, kamen sie doch nach der vollen Distanz von sieben Spielen auf eine klare Punkteverteilung von 55:27.

Die New Yorker gewannen drei der sieben Partien klar mit 16:3, 10:0 und 12:0. Drei andere gingen allerdings mit 6:4, 3:2 und 5:2 an die Pirates. In der letzten Partie wuchsen die Pirates dann über sich hinaus. Als Bill Mazeroski in der unteren Hälfte des neunten Innings für Pittsburgh an den Schlag ging, hatten die New Yorker gerade durch zwei Runs zum 9:9 ausgeglichen. Mazeroski wartete jedoch nur den zweiten Pitch von Ralph Terry ab, den er zum Home Run im heimischen Forbes Field über den Zaun schickte. 

Noch Jahre später zitierte unter anderem baseball-almanac.com den großen Yankee Mickey Mantle, der behauptete, lediglich bei dieser Niederlage geweint zu haben. Mazeroski konnte sich dagegen bis 1993 als einziger Spieler feiern lassen, der mit einem Home Run eine World Series entschied. Erst Joe Carter von den Toronto Blues Jays konnte 33 Jahre später solch ein Kunststück wiederholen.

4. Dodgers vs. A's (World Series 1988)

Die Oakland Athletics hatten in diesem Jahr die MLB dank des dynamischen Duos Jose Canseco und Mark McGwire, die ihre Schlagkraft erwiesenermaßen nicht nur der guten Luft in Oakland verdankten, aufgemischt und mit Dennis Eckersly zudem den in dieser Zeit besten Closer in den eigenen Reihen.

In vier der fünf Spiele der Finalserie zeigten die Südkalifornier den Nordlichtern dann allerdings die Grenzen auf. Gleich in der ersten Partie gab der von einer Knieverletzung gezeichnete Kirk Gibson die Richtung an – er schlug einen Wurf von Eckersly im neunten Inning zum Home Run und 5:4-Sieg in die hinterste Ecke des Dodgers Stadium. Im zweiten und fünften Spiel sorgte auf Seiten der Dodgers der legendäre Pitcher Orel Hershiser für Siege und somit den vorerst letzten Titel des Teams.

3. Marlins vs. Yankees (World Series 2003)

Auch wenn die Ereignisse aus der NLCS gegen die Chicago Cubs, als ein Cubs-Fan namens Steve Bartman im achten Inning des sechsten Spiels ein vermeintliches Out für sein Team durch ein Eingreifen von außen verhindert hatte und damit nach Ansicht Vieler für die Wende in der Serie gesorgt hatte, heutzutage eher im Gedächtnis geblieben sind, die World Series war in diesem Jahr die eigentliche Überraschung.

Gegen die Cubs waren die Marlins noch favorisiert gewesen, gegen die Yankees sah dies anders aus. Schließlich hatten die New Yorker in der regulären Saison zehn Spiele mehr gewonnen und waren, angeführt von Derek Jeter, mit Stars gespickt. Niemand nahm die Marlins ernst, doch sie gewannen – und zwar im sechsten Spiel ausgerechnet die 100. World-Series-Partie, die im alten Yankees Stadium stattfand. Auf dem Werferhügel: Der erst 23-jährige Josh Beckett, der nur drei Tage Pause gehabt hatte. Heute verdient Beckett beim New Yorker Erzrivalen aus Boston seine Brötchen.

2. Indians vs. Giants (World Series 1954)

Obwohl die damals noch in den New York beheimateten Giants den Lokalrivalen Brooklyn Dodgers, die es später bekanntermaßen ebenfalls nach Kalifornien zog, in der Abschlusstabelle der National League mit fünf Spielen Vorsprung distanziert hatten, gingen sie als Underdog in die Finalserie gegen das Team aus Cleveland. Dies hatte in der American League das dritte New Yorker Team, nämlich die Yankees, ebenfalls klar auf Rang zwei verwiesen und 111 Siege in der regulären Saison eingefahren.

Lange Rede, kurzer Sinn. Dank eines spektakulären Fangs des legendären Willie Mays verhinderten die Giants im ersten Spiel den Rückstand und gewannen im heimischen Stadion mit 3:0. Die anderen drei Spiele gingen mit 3:1, 6:2 und 7:4 ebenfalls an die Giants, die erst im letzten Jahr wieder eine World Series gewinnen konnten. Die Indians warten dagegen weiter auf ihren dritten Titel.

1. Red Sox vs. Yankees (ALCS 2004)

Jedes Kleinkind in Boston kann die Geschehnisse der sieben Spiele der beiden Erzrivalen herunterbeten, als handele es sich hier um die Weihnachtsgeschichte. Boston lag, ein Jahr nachdem die Yankees dem Team an selber Stelle mit einem Home Run von Aaron Boone den Todestoss verpasst hatten, hoffnungslos mit 0:3 in der Best of Seven Serie gegen den Erzrivalen hinten.

Das dritte Spiel war mit 8:19 an die New Yorker gegangen, in der vierten Partie lagen die Red Sox im neunten Inning hinten und der beste Closer aller Zeiten, Mariano Rivera, stand ihnen gegenüber. Der vergab jedoch seine Möglichkeit zum Save, Bill Mueller glich zum 4:4 aus, die Extra-Innings winkten. Im 12. Inning um 1:22 Uhr stand der Bostoner Fenway Park Kopf oder lag wahlweise Big Papi David Ortiz zu Füßen, der das 6:4 ermöglicht hatte. Spiel Fünf verlief ähnlich dramatisch, erst im 14. Inning wurde Big Papi erneut zum Helden, als er den entscheidenden Schlag zum 5:4 setzte.

Mit diesen zwei Dramen schienen Bostons Widerspenstige den Widerstand der Yankees fast gebrochen zu haben, doch im sechsten Spiel - zurück im Yankees-Stadium - musste noch einmal ein Heldenstück her. Curt Schillings blutige Socke sollte danach nicht nur wortwörtlich die Red Sox, sondern vor allem den Siegeswillen der Neu Engländer repräsentieren, der in Spiel 6 einen 4:2-Erfolg und damit den Serienausgleich bescherte. Das 10:3 in der letzten Partie wirkte da fast schon wie ein erwartetes Ergebnis.

Am Ende gelang den Red Sox also das Kunststück einen 0:3-Rückstand in einen 4:3-Seriensieg zu drehen – als erstem Team in der MLB. In der NHL war dies zuvor zwei Mal gelungen, in der NBA ebenfalls kein Mal, inklusive der MLB gab es Sportarten-übergreifend nur zwei Erfolgserlebnisse in insgesamt 239 Playoff-Serien. Die World Series, deren Gewinn den Red Sox den ersten Titel seit 86 bescherte, war danach nur noch die Kür. Boston besiegte die Cardinals glatt in vier Spielen.

Sven Kittelmann

sportal.de

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