Lance Armstrong stand auf dem Podium in Paris zum siebten Mal hintereinander ganz oben und ließ sich feiern. Zum allerletzten Mal. Neben ihm die heißesten Anwärter auf seinen Thron. Der Italiener Ivan Basso, der mit 4:40 Minuten Rückstand Zweiter wurde und Jan Ullrich, der auch im fünften Versuch daran scheiterte, Lance Armstrong von seinem Thron zu stoßen.
Tour-Direktor Jean-Marie Leblanc ehrte den scheidenden Armstrong mit den markigen Worten: "Eine Ära geht zu Ende", aber wohl auch mit Erleichterung. Denn nach sieben Siegen in Folge sehnten die meisten eine Abwechslung herbei.
Armstrong erklärt Basso zum Erben
Armstrong ging nicht, ohne Ullrich noch einen Ratschlag mit auf den Weg zu geben: "Ein bisschen weniger Gewicht und ein wenig mehr Form - dann könnte Jan noch mehr als einmal die Tour gewinnen." Ullrich dankte für den Ratschlag mit säuerlichem Lächeln und kündigte an: "Ich fahre noch so lange die Tour, bis ich sie noch einmal gewonnen habe."
Den Italiener Ivan Basso befand er als würdig, seine Nachfolge anzutreten: "Ivan ist der Favorit der kommenden Jahre", sagte der 33-jährige Frührentner Armstrong. Zuvor hatte sich Armstrong auf der letzten Etappe, die wie immer traditionell auf den Champs Elysées endete, mit Handschlag von allen sportlichen Leitern in den Team-Fahrzeugen verabschiedet und während der Fahrt auch ein Gläschen Champagner nicht ausgeschlagen.
Ullrich rettet seinen Ruf
Ullrich, der 2004 Vierter geworden war, sicherte sich im vergangenen Jahr zumindest einen Podiumsplatz und strahlte nach der Ankunft in Paris über das ganze Gesicht. "Nach meinen zwei Stürzen bin ich mit dem dritten Platz sehr zufrieden. Ich habe alles gegeben", sagte Ullrich, der Rekordsieger Armstrong auf der vorletzten Touretappe, einem Zeitfahren über 55,5 Kilometer in St. Etienne mit 23 Sekunden noch sehr nah auf den Pelz der Tageswertung gerückt war.
Dadurch verdrängte er in letzter Sekunde noch den Shooting-Star der Frankreich-Rundfahrt 2005 vom Podest: Allerdings hatte der Däne Mickael Rasmussen beim Zeitfahren eine unglaubliche Pechsträhne. Der Gewinner des Bergtrikots stürzte zwei Mal und erlitt drei Defekte. Im Ziel des anspruchsvollen Parcours, den Armstrong mit einem Stundenmittel von 46,4 zurücklegte, war Rasmussen von Rang drei auf Platz sieben im Gesamtklassement zurückgefallen und hatte von Ullrich 7:24 Minuten kassiert. In St. Etienne hatte Ullrich, wie die französische Sportzeitung "L’Équipe" schrieb, "sein Gesicht gewahrt".
Gemischte Stimmung in den deutschen Teams
Von den 16 deutschen Tourstartern erreichten bis auf den gestürzten Andreas Klöden alle das Ziel. Beide deutschen Teams konnten mit ihrem Auftritt zufrieden sein - T-Mobile, gemessen an den hohen Ansprüchen, allerdings nur bedingt. Georg Totschnig holte für das zweite deutsche Team Gerolsteiner einen Etappensieg, und der ehemalige Armstrong-Helfer Levi Leipheimer fuhr auf den sechsten Platz vor. Noch am letzten Tag verdrängte T-Mobile Profi Alexander Winokurow den Amerikaner um einen Rang, als er die begehrte letzte Etappe auf den Champs Elysées gewann.
T-Mobile gewann wie im Vorjahr die Teamwertung vor Discovery Channel und holte durch Winokurow und Giuseppe Guerini drei Etappensiege. Dazu durfte Ullrich auf die unterste Stufe des Siegerpodests klettern. 155 von 189 gestarteten Fahrern erreichten Paris.
Standesgemäß feierte Armstrong seinen letzten Sieg in Paris im feinen Hotel Ritz, zusammen mit seinen drei Kindern und der damaligen Lebensgefährtin, der Rocksängerin Sheryl Crow. Sogar Dauer-Rivale Ullrich war zur Abschieds-Gala eingeladen. Doch der feierte lieber mit seinem Magenta-Team auf einem Schiff auf der Seine.