Alkohol Hersteller tricksen mit Alcopops

Die Getränkehersteller wollen die Sondersteuer auf Alcopops austricksen: Mit einer Änderung der Rezeptur gäbe es dann Mixgetränke auf Weinbasis. Diesen Kniff will die Regierung aber nicht kampflos hinnehmen.

Die Idee alkoholische Mixgetränke mit einer Sondersteuer zu belegen, um sie so - künstlich verteuert - für Jugendliche unerschwinglich zu machen, war nicht schlecht - allein die Umsetzung dürfte scheitern: Mehrere Getränkehersteller haben pünktlich zum Start der Abgabe die Rezepturen der schnapshaltigen Mixgetränke geändert, so dass die Steuer nicht mehr für sie gilt, wie der Berliner "Tagesspiegel" (Dienstagausgabe) berichtete. Die Bundesregierung erwartete von der zum Monatsanfang in Kraft getretenen Steuer auf Alcopops eigentlich einen deutlichen Rückgang des Konsums.

Verkauf schon an 16-Jährige möglich

Die Getränkehersteller mischen die besonders bei Jugendlichen beliebten Mixgetränke nun aber mit Bier oder Wein anstelle von Branntwein. Dies bestätigten Sprecher der Rewe-Gruppe und des Spirituosenherstellers Berentzen dem Blatt. Bier- und Weinmixgetränke sind dem Bericht zufolge von der Abgabe ausgenommen.

Schätzungsweise würden rund 80 Prozent aller Handelsmarken auf Weinbasis umgestellt. Wein- und Biermixgetränke dürften ab dem Alter von 16 Jahren gekauft und getrunken werden. Zudem sind sie rund 20 Cent pro Flasche billiger, weil auf sie keine Branntweinsteuer erhoben wird.

Bundesregierung will sich nicht austricksen lassen

Diesem Trick der Getränkeindustrie will die Regierung aber einen Riegel vorschieben. Die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Höfken, sagte in der Mittwochsausgabe des "Tagesspiegels", das Ausweichen auf andere Alkoholsorten sei nicht zu akzeptieren. Sie kündigte Gegenmaßnahmen nach der Sommerpause an. Höfken plädierte für eine Ausdehnung der Sondersteuer auf wein- und bierhaltige Süßgetränke. Auch der rheinland-pfälzische Gesundheitsstaatssekretär Richard Auernheimer forderte den Gesetzgeber auf, sofort zu handeln.

Drogenbauauftragte droht Herstellern

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk, drohte am Montag in Berlin damit, erneut einzuschreiten, sollte sich herausstellen, dass wegen der Sondersteuer viele Jugendliche auf Wein- und Biermixgetränke ausweichen. "Wir haben das Ganze im Blick und werden eine Substitution nicht zulassen", sagte Caspers-Merk. Aktuell sieht sie allerdings keinen Anlass, gegen die neuen süßen Alkohol-Mixgetränke vorzugehen. "Ich glaube nicht, dass es durch diese neuen Getränke zu einem Substitutionseffekt kommen wird", sagte Caspers-Merk dazu am Dienstag in Berlin. Außerdem gibt es solche Getränke schon länger. Sie hätten aber "keine wesentlichen Marktanteile", da sie bei den Jugendlichen als Nicht-Markenprodukte wenig geschätzt seien.

Die Drogenbeauftragte hält Wein- und Biermixgetränke wegen ihres geringeren Zuckergehalts für nicht ganz so gefährlich für Jugendliche wie Alcopops, bei denen der viele Zucker den Alkoholgeschmack verdecke. Alcopops seien gerade in der Gruppe der 14- bis 17-Jährigen besonders beliebt. Diese dürften die Getränke, die den Alkohol von zwei Schnäpsen und 15 Würfel Zucker enthielten, laut Jugendschutzgesetz aber gar nicht bekommen.

Süß und lecker, also keine Hemmschwelle

Alcopops würden zudem gezielt bei Jugendlichen vermarktet, kritisierte Caspers-Merck. "Alcopops verführen Jugendliche zum frühen und regelmäßigen Alkoholkonsum", erklärte die Staatssekretärin im Gesundheitsministerium. In Frankreich habe eine ähnliche Steuer zu einem dramatischen Absatzrückgang geführt.

Seit 1. August gilt auf die gängige Alcopop-Flasche von 275 Millilitern eine Sondersteuer von 80 bis 90 Cent, je nach Alkoholgehalt. Die zusätzlichen Einnahmen von geschätzten fünf Millionen Euro in diesem Jahr sollen der Suchtprävention zu Gute kommen. Gleichzeitig trat auch ein Verbot der Gratisabgabe von Zigaretten sowie von Kleinstpackungen mit weniger als 17 Glimmstängeln in Kraft.

"Kultur des Wegsehens"

Die Drogenbeauftragte appellierte an die Länder, den Jugendschutz strikter als bisher durchzusetzen. Auch im Supermarkt müssten Geschäftsführer und Kassiererin mehr darauf achten, dass schnapshaltige Limonaden nicht an Jugendliche unter 18 verkauft würden. "Wir haben in Deutschland eine Kultur des Wegsehens", sagte Caspers-Merk. "Ich habe den Eindruck, dass das nicht so ernst genommen wird." (AP)

DPA

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