Den orangefarbenen Felsen nennen sie "Frozen Cloud" (gefrorene Wolke). In den weichen Kunststoff sind verschieden geformte Sitze eingelassen, einige zum Lesen, andere zum Lümmeln. Davor säumen grüne Stühle mit Spinnenbeinen einen Glastisch, der per Knopfdruck in den Boden versenkt werden kann, um Platz zu schaffen. Im Hintergrund eine virtuelle Werkbank, auf die Zeichnungen und Dokumente gebeamt werden. Ein Wandschlitz, verhängt mit metallenen Lamellen, führt in die Kreativzelle mit Ruheliege, Schmeichellicht und parfümierter Luft.
Im Office Innovation Center (OIC) erinnert so gut wie nichts an übliche Büros. Und Isabella Jesemann, die Geschäftsstellenleiterin, ist mächtig stolz darauf.
Forschen im Selbstversuch
Unter ihrer Leitung läuft in Stuttgart ein Selbstversuch: 40 Beschäftigte des Fraunhofer Instituts erkunden, wie eine Arbeitswelt der Wissensgesellschaft aussehen muss, in der sich Menschen wohlfühlen und gern schaffen. Oder, aus Sicht der mehr als 20 beteiligten Unternehmen formuliert: wie sich die Produktivität und Kreativität von Mitarbeitern maximal steigern lassen - die wichtigste Voraussetzung im globalen Wettbewerb.
Die wissenschaftlich untermauerten Antworten der Schwaben sind verblüffend: - Mitarbeiter brauchen kein persönliches Büro, um sich wohlzufühlen. - Viele Unternehmen können bis zu fünf Sechstel der Bürofläche einsparen, weil Mitarbeiter Feierabend haben oder auf Dienstreisen, im Urlaub oder krank sind. - Leistungsbereitschaft ist in erster Linie eine Frage der Attraktivität des Arbeitsplatzes - optisch, ergonomisch und technisch.
Cockpits und Massageduschen
Niemand in der OIC-Belegschaft hat ein eigenes Büro. Auch die Chefin nicht. Sie greift sich, wie alle anderen, morgens ihr Schnurlostelefon und ihren Roll-Caddy, um einen geeigneten Platz für ihre Tagesaufgabe zu suchen. Heute hat sie das Cockpit gewählt, einen Schreibtisch in einer winzigen Zelle. Mehr braucht sie nicht, um in Ruhe einen Vortrag vorzubereiten. Alternativ hätte sie auch das klassische Einzelbüro, ein Doppelbüro mit Face-to-Face- oder Back-to-Back-Bestuhlung oder einen Platz im Großraumbüro nehmen können. Zum Entspannen steht eine Nasszelle mit Massagedusche und Trimmgerät bereit.
Die Erkenntnisse des Forschungsinstituts stoßen auf große Zustimmung. Bereits 150 Betriebe, vom Autobauer BMW bis zur Oberfinanzdirektion Stuttgart, haben ihre Büros von den OIC-Forschern analysieren und teilweise neu organisieren lassen. Und alle, beteuert OIC-Chefin Jesemann, sind zufrieden.