Fachkräftemangel Bundesinstitut für Berufsbildung warnt vor "Katastrophe" wegen zu wenigen Azubis

Eine Fahne mit der Aufschrift "Azubis gesucht", im Hintergrund eine Gruppe junger Frauen
BBIB-Chef Esser warnt vor einem Engpass auf dem Arbeitsmarkt, wenn nicht mehr junge Menschen von einer Ausbildung überzeugt werden könnten
© Martin Schutt/dpa-Zentralbild
Nach wie vor entscheiden sich zu wenige junge Menschen in Deutschland für eine Ausbildung. Laut BBIB-Chef Esser wird das von der Regierung geplante Fachkräfteeinwanderungsgesetz das Problem allein nicht lösen können. 

Mit Blick auf die Pläne der Ampel-Regierung zur Fachkräfteeinwanderung in Deutschland hat der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) vor zu hohen Erwartungen gewarnt. "Die Migration wird das Problem bei Weitem nicht lösen", sagte BIBB-Chef Hubert Esser der "Welt" in der Ausgabe vom Mittwoch. Stattdessen müsste auf die Potenziale, die im Land liegen, gesetzt werden. Es müsse gelingen, wieder mehr junge Menschen in die Berufsausbildung zu bringen, betonte Esser. "Sonst drohen massive Engpässe auf dem Arbeitsmarkt, die sich für nicht wenige Branchen katastrophal auswirken werden."

Ausbildungsverträge auf Tiefstand

Für eine wachsende Zahl junger Menschen werde die Berufsausbildung unattraktiv, sagte Esser weiter. "Da kann man noch so viele Plätze anbieten." 2022 ist die Zahl neuer Ausbildungsverträge auf einem niedrigen Niveau geblieben. Insgesamt wurden 469.900 neue Verträge abgeschlossen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, war die Zahl der Neuverträge damit zwar um 0,8 Prozent höher als 2021. Sie blieb jedoch acht Prozent hinter dem Vor-Corona-Jahr 2019 zurück. Insgesamt markieren rund 1,2 Millionen Auszubildende 2022 erneut einen historischen Tiefstand. 

Den Plan der Berliner Landesregierung, Unternehmen zu verpflichten, in einen Fonds einzuzahlen, wenn sie nicht mehr Lehrstellen anbieten, kritisiert Esser. "Eine Zwangs-Finanzierung ist eine zusätzliche Steuer für Unternehmen. Und die ist angesichts der derzeitigen ökonomischen Lage sicher nicht sinnvoll." Esser warnt zudem, dass zu viele behördliche Auflagen gerade im Handwerk vor dem Schritt in die Selbstständigkeit abschrecken können. "Der bürokratische Aufwand schreckt einfach zu viele junge Menschen ab."

Fachkräfteeinwanderungsgesetz will Punktesystem einführen

Anfang Juli hatte der Bundesrat das von der Ampel-Koalition vorgelegte Fachkräfteeinwanderungsgesetz gebilligt, welches dem Arbeitskräftemangel in Deutschland entgegenwirken soll. Für qualifizierte Arbeitskräfte aus Ländern außerhalb der EU soll es dadurch künftig einfacher und attraktiver werden, eine Stelle in Deutschland anzunehmen.

Wesentliche Punkte in dem neuen Gesetz sind ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild und die erleichterte Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Erleichtert wird für Fachkräfte auch der Familiennachzug. Künftig sollen diese nicht nur die sogenannte Kernfamilie, sondern auch Eltern und Schwiegereltern nach Deutschland holen können.

AFP
kbh

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