Die Deutschen mögen keine Aktien. Sie setzen traditionell lieber aufs Eigenheim, auf Lebensversicherungen oder das gute alte Sparbuch. Doch mit dieser Einstellung kommt man derzeit nicht weit: Immobilien sind enorm teuer geworden, neue Lebensversicherungen geben kaum noch Zinsen, Sparbücher sowieso nicht. Wegen der niedrigen Zinsen sprechen Experten gar von einem Anlagenotstand.
Die Antwort der meisten Anlageexperten auf dieses Dilemma lautet: Aktien. Bereits im vergangenen Jahr stiegen die Kurse kräftig an. In ihrem Jahresausblick für 2013 überbieten sich die Spezialisten in ihrem Aktienoptimismus. Die Volkswirte der Allianz schreiben, dass wegen "des Mangels an risikoarmen Anlagen mit einer nennenswerten Verzinsung, risikoreichere Anlageformen wie Aktien nahezu zwangsläufig stärker in Betracht gezogen werden müssen". Zumindest, wenn man einen Ertrag oberhalb der Inflationsrate erwirtschaften wolle. Zudem mache die erwartete Erholung der Konjunktur die Aktie attraktiv. "Alles in allem rechnen wir bei den meisten Aktienindizes im Verlauf von 2013 mit moderaten Zuwächsen von fünf bis zehn Prozent", schreiben die Allianz-Volkswirte.
Die Experten der großen Geldhäuser sehen insbesondere deutsche Aktien in diesem Jahr äußerst positiv. Der Chefstratege der Deutschen Bank, Ulrich Stephan, rechnet damit, dass der Deutsche Aktienindex Dax 2013 die Marke von 8000 Punkten überspringen wird. Sein Commerzbank-Kollege Andreas Hürkamp erwartet gar ein neues Allzeithoch von 8500 Punkten. Die größte deutsche Fondsgesellschaft DWS hält neue historische Dax-Höchststände in diesem Jahr ebenfalls für möglich.
Werden Aktien 2013 also ein Selbstläufer? Jutta von Bargen, Leiterin des Vermögensmanagements der Hamburger Volksbank, gibt zu bedenken, dass unvorhergesehene Krisen in positiven Jahresprognosen grundsätzlich nicht enthalten sind. "Bei Aktien kann es immer kurzfristig zu Kursrückgängen kommen." Dennoch sagt auch sie: "Wer langfristig Vermögen aufbauen will, kommt um Aktien nicht herum." Die Gefahr einer neuen Aktienblase sieht sie derzeit nicht. Insbesondere deutsche Unternehmen seien noch nicht überbewertet.
Nicht blind investieren
Ob die Deutschen nun ihre Zurückhaltung bei Aktien ablegen, wird sich zeigen. Im ersten Halbjahr 2012 stieg die Zahl der Aktionäre und Aktienfondsbesitzer in Deutschland so deutlich an wie lange nicht. Doch im zweiten Halbjahr 2012 verkauften viele Privatanleger ihre Aktien wieder. Laut Deutschem Aktieninstitut besitzen 13,7 Prozent der Bürger hierzulande Aktien. Im Vergleich mit Ländern wie Großbritannien oder USA ist der Anteil immer noch gering.
Wer nun in den prognostizierten Börsenaufschwung einsteigen will, sollte dies nicht blind tun. Um die Risiken zu begrenzen, gibt es einige Faustregeln die Privatanleger unbedingt beachten sollten. "Man sollte das Geld übrig haben. Und man sollte länger als ein Jahr denken", sagt Jürgen Kurz von der Anlegerschutzvereinigung DSW. Als Faustregel nennt er 10.000 Euro oder mehr, die man für drei bis fünf Jahre - besser länger - anlegen will. Denn kurzfristige Schwankungen kann niemand vorhersagen, auch wenn man davon ausgeht, dass die Kurse langfristig steigen.
Zudem sollte man niemals all sein Erspartes in Aktien stecken. "Maximal 50 bis 60 Prozent", sagt Anlegerschützer Kurz. Und auch das nur, wenn man noch relativ jung ist und das Geld eine Weile liegen lassen kann. Außerdem sollte man Aktien mehrerer Unternehmen aus verschiedenen Branchen kaufen, um das Risiko zu streuen. Die Deutsche Bank empfiehlt in ihrem Ausblick bei europäischen Unternehmen die Branchen Versicherungen, Chemie und - ganz uneigennützig - Banken. Verbraucherschützer Kurz nennt die Branchen Chemie, Lebensmittel und Technologien. "Bei Banken sollte man vorsichtig sein. Da sind für Privatanleger die Risiken schwer einzuschätzen." Er rät zudem, vor allem Aktien großer Unternehmen zu kaufen, die verlässlich Dividenden zahlen.
Einzelaktien oder Fonds
Wer nicht auf einen Schlag viel Geld in Aktien investieren will, sondern monatlich ein bisschen, sollte einen Fondssparplan wählen. Denn beim regelmäßigen Kauf von Einzelaktien wären die Kosten für die vielen Transaktionen zu hoch. Im Fondsbereich haben Indexfonds, oft als ETF bezeichnet, die geringsten Kosten, weil sie ohne einen Manager auskommen, sondern einen Index (zum Beispiel den Dax) nachbilden.
Anlegern, die sich gegen den Totalabsturz einzelner Aktien absichern wollen, rät Anlegerschützer Kurz, eine sogenannte Stop-Loss-Order einzurichten. Das ist ein automatischer Verkaufsauftrag, der ausgeführt wird, wenn der Kurs eine bestimmte Schwelle unterschreitet, beispielsweise minus zehn Prozent. "Wer Verluste nicht so gut erträgt, kann dann ruhiger schlafen", sagt Kurz. Ein Instrument, wie gemacht, für die vorsichtigen Deutschen.