Angesichts von Rekord-Schulden hat Bundesfinanzminister Hans Eichel zur Sanierung der öffentlichen Kassen in Deutschland eine gemeinsame Anstrengung aller Parteien angemahnt. Es gehe nicht an, Löcher in den Kassen der Sozialversicherung auf Kosten des Bundeshaushalts zu stopfen, sagte Eichel am Sonntag in der n-tv-Sendung "Talk in Berlin". Auch ein schrittweiser Abbau von Subventionen werde nicht ausreichen: "Wir können uns einige Dinge nicht mehr leisten." Dazu zählt der Minister die Eigenheimzulage und die Pendlerpauschale.
Höchstmarke von Theo waigel übertroffen
Eichel hatte am Wochenende erklärt, dass er in diesem Jahr mit etwa 42 Milliarden Euro so viel Geld aufnehmen muss wie kein anderer Finanzminister in der Geschichte der Bundesrepublik. Er werde die Höchstmarke von Theo Waigel aus dem Jahr 1996 übertreffen, "weil die wegbrechende Konjunktur uns die Einnahmen weggenommen und uns gleichzeitig gezwungen hat, viel mehr Geld für die Finanzierung der Arbeitslosigkeit zur Verfügung zu stellen", räumte er ein.
Drohende Neuverschuldung von 40 Mrd. Euro
Angesichts der schwachen Konjunktur und der Löcher in der Rentenkasse droht nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (Montag) die Neuverschuldung auch im nächsten Jahr auf 40 Milliarden Euro zu steigen. Bisher geht die Regierung von einer Kreditaufnahme von 30,8 Milliarden Euro aus.
Nobelpreisträger fordert Steuersenkung
Unterdessen hat der diesjährige Wirtschafts-Nobelpreisträger Robert F. Engle von der Bundesregierung Steuersenkungen gefordert. Der international angesehene Wirtschaftsprofessor sagte der "Bild"- Zeitung, wenn Deutschland seine Wirtschaft "ankurbeln" wolle, "müssen Steuern gesenkt werden". Er kritisierte das Verhältnis zwischen der Höhe der Steuern und der Höhe der sozialen Leistungen in Deutschland. Es müsse gefragt werden, ob dieses Verhältnis "stimmt", sagte Engle.
Merz feilt an Steuerreform
In der CDU wird derweil an einer grundlegenden Steuerreform gefeilt. Unionsfraktionsvize Friedrich Merz stellte in einem Beitrag für die "Financial Times Deutschland" (Montag) sein Konzept für die Reform der Unternehmensbesteuerung vor: Anders als der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof, mit dem er sich laufend berät, will Merz die Körperschaftsteuer nicht in die Einkommensteuer integrieren, sondern als eigenständige Steuer erhalten. Sie soll nach den Vorstellungen des CDU-Politikers 36 Prozent betragen. Genauso hoch soll der Spitzensatz der Einkommensteuer liegen. Damit würde die Belastung einer Kapitalgesellschaft drei Prozentpunkte unter dem heutigen Durchschnittswert liegen.
"Sozial-Soli" für Kopfpauschale gefordert
Reformbedarf gibt es auch im Zusammenhang mit der von der CDU diskutierten Kopfpauschale in der Krankenversicherung. Nach dem Plan der Herzog-Kommission sollen die Prämien von Geringverdienern dabei aus Steuermitteln subventioniert werden - insgesamt mit 27 Milliarden Euro jährlich. Um diese aufzubringen, fordert der CDU-Sozialexperte Andreas Storm die Einführung eines neuen Solidaritätszuschlags. Der "Sozial-Soli" solle mit 15 Prozent auf die Einkommenssteuer angesetzt werden, rechnete er im "Handelsblatt" (Montag) vor.