Marek Dutschke, 27, Hochschulassistent, Berlin
Was war Ihr schönstes Erlebnis aufgrund des Namens?
"Als ich mich 2005 für einen Listenplatz (bei Bündnis 90/Grüne, die Red.) für den Deutschen Bundestag bewarb und ein solcher Platz mir nicht vergönnt war, interpretierte der Schriftsteller Joachim Lottmann diese Tatsache mit den Worten ,Kein Platz für Jesus". Als der Sohn Gottes bezeichnet zu werden ist auf jeden Fall kurios."
Und was war das Unangenehmste?
"Beim Googeln habe ich eine Webseite gefunden, wo ein Foto von mir mit einem Verbotszeichen versehen war. Darunter stand: ,Der neue Dutschke nervt"."
Was haben Sie mit dem materiellen Erbe angestellt?
"Mein Vater hatte als guter Revolutionär nie viel Geld. Als er 1979 starb, wurden für unsere Familie Spenden gesammelt. Ein Teil dieses Geldes wurde auch später in meine Hochschulausbildung gesteckt."
Ist Ihnen Ihr Name privat oder beruflich eher Lust oder Last?
"Ich würde sagen, dass im Privaten die Last schwerer als die Lust wiegt. Es ist nie einfach, über einen Vater zu reden, den man nie kennengelernt hat. Beruflich gleichen sich die Vorteile und Nachteile aus."
Marek Erhardt, 37, Schauspieler und Moderator, Hamburg
Was war Ihr schönstes Erlebnis aufgrund des Namens?
" Das lustigste Erlebnis, das ich mit meinem Namen hatte, war, dass ich in Wiesbaden mal jemanden im Restaurant kennenlernte, der mir erzählte, dass er mit Heinz Erhardt verwandt sei. Er wusste allerdings nicht, wie ich mit Nachnamen heiße. So erzählte er mir dann den ganzen Abend von seinem ,Onkel" - und ich hielt meine Klappe. So viel falsche Geschichten hatte ich noch nie gehört! Ich weiß leider nicht, wie häufig er das noch anderen Menschen erzählt hat. Verwandt ist er definitiv nicht!"
Und was war das Unangenehmste?
"Unschön? Wenn Menschen glauben, nur weil man Erhardt heißt, kann man sämtliche Gedichte meines Großvaters auswendig."
Was haben Sie mit dem materiellen Erbe angestellt?
"Seit fünf Jahren kümmere ich mich als Geschäftsführer der Erbengemeinschaft um die Heinz-Erhardt-Rechte. Das Problem ist, dass viele Rechte heute ungeklärt sind, da zur damaligen Zeit gerne Rechte übertragen wurden. Wer also glaubt, dass man mit dem Heinz-Erhardt-Erbe Geld verdienen kann, den muss ich leider enttäuschen. Vielmehr versuche ich sein geistiges Erbe so zu verteilen, dass Heinz Erhardt mit seinen Werken immer allgegenwärtig ist. Das materielle Erbe wurde natürlich unter seinen vier Kindern aufgeteilt. Was die damit angestellt haben, kann ich leider nicht beantworten, da ich es nicht weiß."
Ist Ihnen Ihr Name privat oder beruflich eher Lust oder Last?
"Ich versuche dies immer so zu erklären: Als ich damals begann, als Schauspieler zu arbeiten, war es sicherlich einfacher für mich, Türen aufzustoßen. Zudem hatte ich natürlich Kontakte, die mir den Einstieg in diesen Beruf erleichtert haben. Dann allerdings wurde es schwerer, da ich das Gefühl hatte, die Leute schauen viel intensiver auf das, was man macht. Die Erwartungshaltung war immer deutlich höher. Ich will und kann mich nicht darüber beschweren, aber es gab Momente, in denen ich gerne einen anderen Nachnamen gehabt hätte. Mittlerweile bin ich so lange in meinem Beruf tätig, dass es mich jetzt überhaupt nicht mehr stört. Ich denke, einen prominenten Nachnamen zu haben hat immer Vor- und Nachteile."
René Böll, 58, Maler, Köln
Was war Ihr schönstes Erlebnis aufgrund des Namens?
"Sehr schön ist die Achtung, mit der man von meinem Vater bei Veranstaltungen spricht und die man auch mir entgegen bringt. Ich bin oft auf Veranstaltungen zu meinem Vater in China, in den USA oder in Irland, so jetzt im Frühjahr zum 50-jährigen Jubiläum des ,Irischen Tagebuchs". Diese Achtung betrifft nicht nur sein literarisches Werk, sondern auch sein persönliches Engagement. Mein Vater war einer der wenigen, der in Ost und West, der weltweit - sei es in der kommunistischen Sowjetunion oder während der Militärdiktatur in Chile - für die Freiheit der Autoren und für die Menschenrechte eingetreten ist."
Und was war das Unangenehmste?
"Das fing in der Schule an. Ich wurde anders behandelt. Man hat mehr von mir erwartet als von den übrigen. Und manchmal hieß es auch: Die Bölls, das sind ja sowieso alles Kommunisten. Später dann, als mein Vater als sogenannter Sympathisant der Terroristen der RAF diffamiert wurde, war es für die Familie schwierig, auch nur einfach in einem Restaurant essen zu gehen. Da gab es Gäste, die zum Wirt sagten: Warum werden die hier überhaupt bedient? Unsere Nachbarn sagten uns: ,Bei Adolf hätte wir euch an die Wand gestellt."1977, im sogenannten Deutschen Herbst, als die RAF mehrere Personen des öffentlichen Lebens und die sie beschützenden Polizisten ermordete, gab es eine Hausdurchsuchung, Beamte hatten in Köln unseren ganzen Block umstellt. Angeblich, weil sie den von der RAF entführten Hanns Martin Schleyer suchten. Aber meiner Ansicht nach wollten sie gezielt meinen Vater und unsere Familie anprangern und öffentlich restlos diskreditieren. Die Hetze in der Springer-Presse gegen meine Eltern, meine Brüder, mich und unsere Familien war für uns in jeder Hinsicht äußerst belastend."
Was haben Sie mit dem materiellen Erbe angestellt?
"Das Finanzielle wird sehr überschätzt. Etwa um den Faktor hundert, würde ich sagen. Was man mit der Literatur verdienen kann, steht in keiner Relation zu den Verdiensten im Show- und Schlagergeschäft. Der Buchverkauf ist gut, wir können ganz gut davon leben, aber es sind keine Millionen. Der Nachlass ist gleichzeitig mit sehr viel Arbeit und Kosten verbunden, auch mit sehr unangenehmen juristischen Auseinandersetzungen. Ich verwalte für die Familie sämtliche Rechte am Werk meines Vaters und arbeite intensiv an der Kölner Ausgabe der Werke Heinrich Bölls mit, in der alle publizierten und eine Auswahl der nicht publizierten Texte erscheinen. Die Familie hat viel Geld in die Aufarbeitung des Nachlasses und in den Aufbau der Heinrich-Böll-Stiftung investiert, die ich mitgegründet habe. Das Haus der Familie in Irland ist jetzt Gästehaus für Künstler, das Haus in Langenbroich bei Düren hat mein Bruder Vincent zum Haus für ausländische Stipendiaten, vor allen Dingen Schriftsteller, umgebaut."
Ist Ihnen Ihr Name privat oder beruflich eher Lust oder Last?
"Profitiert habe ich von dem Namen Böll nicht. Für meine Arbeit als Maler war er ein Nachteil. Mehrere Förderungen und Stipendien zum Beispiel, die ich beantragt hatte, wurden abgelehnt, weil man dachte, der braucht das nicht. Dabei soll doch eine Förderung Anerkennung für das Werk sein."