Staatshaushalt Konjunkturhilfen lassen Defizit dramatisch wachsen

Das Minus im Bundeshaushalt ist im ersten Halbjahr deutlich größer geworden. Im Vergleich zum Vorjahr stieg es um mehr als das Doppelte auf 42,8 Milliarden Euro. Damit droht ein Verstoß gegen die Maastricht-Kritierien. Das DIW hob derweil seine Wachstumsprognose für 2010 kräftig an.

Infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise ist der deutsche Staatshaushalt im ersten Halbjahr deutlich tiefer in die roten Zahlen gestürzt. Wegen sinkender Steuereinnahmen und gestiegener Ausgaben belief sich das Finanzierungsdefizit von Bund, Ländern und Gemeinden auf rund 42,8 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Es war damit mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahreszeitraum, als der Haushalt ein Defizit von 18,7 Milliarden Euro auswies.

Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Höhe von 1211,7 Milliarden Euro stieg die Defizitquote im ersten Halbjahr 2010 auf 3,5 Prozent. Ergibt sich ein ähnlich hoher Wert für das Gesamtjahr, würde Deutschland gegen das Maastricht-Kriterium verstoßen, das EU-Staaten ein Defizit von maximal 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erlaubt. Im vergangenen Jahr hatte das Defizit bei 3,1 Prozent gelegen.

"Mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung schlagen sich nun die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise und der in diesem Zusammenhang aufgelegten staatlichen Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur und der Finanzmärkte deutlich in den Haushalten von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung nieder", erklärten die Statistiker die Entwicklung.

DIW rechnet mit mehr als drei Prozent Wachstum

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hob unterdessen seine Prognose für das heimische Wirtschaftswachstum 2010 deutlich auf über drei Prozent an. Bislang hatte das Institut 1,9 Prozent vorhergesagt. Es sei ein typisch deutscher Aufschwung, der durch die internationalen Märkte - diesmal insbesondere aus China - initiiert worden sei, sagte DIW-Präsident Klaus Zimmermann "Handelsblatt" Online. Die Entwicklung habe aber auch deutlich die Investitionen und den Konsum sowie insbesondere die Dienstleistungsbranchen erreicht. Gestützt werde dies durch einen stabilen Arbeitsmarkt. "Es ist also ein Aufschwung auf breiter Front, der für dieses Jahr wohl unvermeidbar zu über drei Prozent Wirtschaftswachstum führen wird."

Zimmermann sprach sich angesichts der guten Wirtschaftsleistung auch für Lohnsteigerungen aus. Sie müssten sich allerdings an der Produktivitätsentwicklung und der Gewinnsituation der Unternehmen in den einzelnen Branchen orientieren und nicht an allgemeinen Wachstumsraten. Mit Blick auf die unsicheren konjunkturellen Aussichten im Ausland und eine mögliche Abschwächung des Aufschwungs seien vorübergehende Steigerungen wie Einmalzahlungen das derzeit beste Mittel, sagte Zimmermann.

Im zweiten Quartal hatte die deutsche Wirtschaft im Vergleich zum Vorquartal um 2,2 Prozent zugelegt - so viel wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Im Jahresvergleich lag das Plus bei 4,1 Prozent.

DPA · Reuters
mad/DPA/Reuters