Finanzkrise Koalition prüft neue Konjunkturhilfen

Die Große Koalition ringt einem Medienbericht zufolge um ein zweites Programm zur Konjunkturbelebung. Die bislang eingeleiteten Maßnahmen im Kampf gegen die Rezession könnten nicht ausreichen, so die Sorge der Regierung. Um die heimische Wirtschaft anzukurbeln, schlagen Experten nun die Ausgabe von Konsumgutscheinen vor.

Die Große Koalition arbeitet nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" an einem zweiten Programm zur Konjunkturbelebung. Wie das Blatt unter Berufung auf Unions- und SPD-Kreise berichtet, wächst in der Regierung die Sorge, dass die bislang eingeleiteten Maßnahmen im Kampf gegen die Rezession nicht ausreichen. Deshalb werde in Fraktionen und Ministerien über mögliche weitere Schritte nachgedacht.

Offiziell wollen die Koalitionsspitzen im Januar erörtern, ob Handlungsbedarf besteht. Der Zeitung zufolge kursiert in der SPD-Bundestagsfraktion ein Vorschlag über Konsumgutscheine. In SPD und Union werde zudem über ein weiteres Programm zur Sanierung öffentlicher Gebäude diskutiert.

Die SPD plant für Januar eine Konferenz in Berlin. Das Thema: weitere Investitionen zur Bewältigung der Wirtschaftskrise. Dazu würden Bürgermeister und Kommunalpolitiker aus dem ganzen Bundesgebiet eingeladen, sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck der Deutschen Presse-Agentur DPA. "Wir wollen von vor Ort direkt erfahren, wo wir mit weiteren Investitionen helfen können", kündigte er an. Es stünden Milliarden zur Verfügung. Gleichzeitig sollten Städte und Kommunen informiert werden, wo sie ab Januar Bundeshilfen abrufen könnten. Auch die CDU-Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, Günther Oettinger und Jürgen Rüttgers, regten mehr Investitionen an.

Die SPD-Spitze ist sich nach einem Zeitungsbericht aber uneinig über weitere Maßnahmen zur Konjunkturförderung. Parteichef Franz Müntefering, Finanzminister Peer Steinbrück und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hätten sich bei einem Treffen am Donnerstag in der Parteizentrale nicht auf eine Lini verständigen können, berichtet die "Rheinische Post". Steinmeier habe sich offen gezeigt für Münteferings Forderung nach Ausgabe von Konsum-Gutscheinen. Steinbrück habe dies abgelehnt.

In der SPD-Bundestagsfraktion stellte nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" am Dienstag der Abgeordnete Karl Lauterbach ein nicht abgestimmtes Konzept für solche Konsum-Gutscheine vor. Demnach bekämen alle erwachsenen Bürger einen Gutschein über 500 Euro, mit dem innerhalb von acht Wochen Konsumgüter gekauft oder Handwerkerrechnungen beglichen werden könnten, wenn ein Eigenanteil von 200 Euro dazugegeben würde. SPD-Vize Andrea Nahles habe sich hinter das Konzept gestellt.

In der Wirtschaft stoßen Konsum-Gutscheine auf Ablehnung. Sie entfachten wie in den USA "bestenfalls ein Strohfeuer", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, warnte davor und erklärte, ein Großteil der Summe würde investiert in Dinge, die "man ohnehin kaufen wollte". Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger dagegen befürwortete einen solchen Schritt in der "Berliner Zeitung". Er riet aber, Gutscheine auf Menschen mit einem Jahreseinkommen unter 63.600 Euro - der Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherungen - zu beschränken.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch nannte die Debatte in der "Passauer Neuen Presse" "absolut kontraproduktiv", weil die Erwartung solcher Gutscheine die Menschen mitten im Weihnachtsgeschäft eher vom Einkaufen abhalte.

Oettinger und Rüttgers machten sich - ähnlich wie Bundestagsfraktionschef Volker Kauder auf dem CDU-Parteitag in Stuttgart - für andere Konjunkturhilfen stark. "So könnte man noch einmal zwei Milliarden Euro in den Ausbau der Bundesfernstraßen stecken, die Programme zur Stadtsanierung weiter ausbauen oder Schulen und Hochschulen mit modernstem Klimaschutz ausrüsten", sagte Oettinger der "Augsburger Allgemeinen".

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Rüttgers will den Bau neuer Kohlekraftwerke fördern, um die Konjunktur anzuschieben, ohne staatliches Geld auszugeben. Es sei möglich, "Geld zu mobilisieren, das bei den Energieversorgern vorhanden ist", sagte er der "Frankfurter Rundschau" und ähnlich der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". "Dazu müssten nur die Investitionsbedingungen etwa beim Emissionshandel verbessert werden.

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DPA/AFP