Studie zur Vermögensverteilung Reiche werden noch reicher

  • von Axel Hildebrand
Die Schere zwischen Armen und Reichen ist in Deutschland weiter auseinandergeklafft. Die wohlhabendsten zehn Prozent der Bevölkerung haben ihr Vermögen vergrößert, so eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Dagegen steige - gerade im Osten - die Gefahr der Altersarmut. Und die Wissenschaftler fürchten: Der Trend wird anhalten.

Das Land, das auf Solidarität so viel Wert legt, hat ein Problem. Obwohl es vor dem Hereinbrechen der aktuellen Finanzkrise von einem wirtschaftlichen Aufschwung profitierte, kann Deutschland die Kluft zwischen Armen und Reichen nicht verringern. Im Gegenteil, sie ist sogar noch größer geworden.

Markus Grabka ist Forscher am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, er hat die Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung mitverfasst. Seit Jahren beschäftigt er sich mit Fragen der Armut. Die Ergebnisse haben ihn nicht überrascht. "Ich habe das so erwartet ", sagt Grabka stern.de. Durch die langfristig positive Entwicklung des Aktienmarktes habe die Vermögenskonzentration zugenommen.

Wohlhabende bauen Vorteil aus

In Zahlen heißt das: Rechnet man alle Verbindlichkeiten zusammen, verfügt das reichste Zehntel der erwachsenen Bevölkerung 2007 über 61,1 Prozent des privaten Vermögens. 2002 waren es noch 57,9 Prozent. "Die Wohlhabenden haben ihren Vorteil weiter ausgebaut", sagt Grabka.

Auf der anderen Seite haben die Armen in Deutschland Geld verloren. Die weniger wohlhabenden 70 Prozent der Erwachsenen besaßen 2007 nur knapp neun Prozent des gesamten Nettovermögens - und verloren rund 1,5 Prozentpunkte gegenüber 2002. In der Studie stützen sich die Forscher auf die aktuellsten Daten aus dem "sozio-oekonomischen Panel", einer repräsentativen Langzeitbetrachtung.

Die Deutschen können zum großen Teil kaum etwas zurücklegen. Rund zwei Drittel der Erwachsenen haben netto kein oder nur ein geringes Geld- oder Sachvermögen. Rechnet man den Immobilien- und Geldbesitz sowie Werte aus Versicherungen zusammen, dann besitzen diese Deutschen weniger als 20.000 Euro.

Hartz IV verstärkt den Trend zu geringen Vermögen

Die aktuelle Finanzkrise verändere die Daten nicht. "Die Finanzkrise beeinflusst die Vermögensverteilung bislang kaum" sagt Grabka. Zwar haben zahlreiche Geldanlagen, etwa Aktien, durch die Finanzkrise an Wert verloren. Aber insbesondere finanzstarke Anleger, argumentiert Grabka, seien oft nicht gezwungen, jetzt zu verkaufen - und damit Verluste einzufahren.

Auf dem anderen Ende der Einkommensskala hat die Einführung von Hartz IV, so die Wissenschaftler, einen Trend verstärkt: Gerade die mittleren Altersgruppen in Ostdeutschland müssen mit weniger Geld zurechtkommen. Das Risiko der Altersarmut steige dadurch.

Im Osten haben die Menschen weniger

Das Land ist - betrachtet man die Verteilung der Vermögen - weiter klar in einen West- und Ostteil getrennt. Während in Westdeutschland die Nettovermögen zwischen 2002 und 2007 im Schnitt von knapp 91.000 Euro auf 101.000 Euro stiegen, sanken sie im Osten: von rund 34.000 Euro auf weniger als 31.000 Euro. Im Osten besitzen die Menschen also deutlich weniger als im deutschen Durchschnitt. Hier hatte jeder Erwachsene 2007 im Durchschnitt ein Nettovermögen von gut 88.000 Euro. Das sind zwar knapp 8000 Euro mehr als 2002. Doch über die Verteilung des Geldes sagt diese Zahl wenig aus.