Wilhelmsburg Kioskbetreiber wird nach 25 Jahren gekündigt, Hausverwaltung hinterlässt ätzenden Zettel

Kiosk in Wilhelmsburg
Einem Kiosk im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg wurde nach 25 Jahren der Mietvertrag gekündigt. Der Vermieter hinterließ einen Zettel.
© Svenja Napp
Ohne Nennung von Gründen erhielt Kioskbesitzer Ismail S. im August eine Kündigung für seinen Laden, den er vor 25 Jahren eröffnet und seit 13 Jahre an dieser Stelle hat. 

In der Veringstraße im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg musste der Betreiber des Fähr-Getränke-Kiosk seinen Laden aufgeben, weil seinem Vater Ismail S. im August der Mietvertrag gekündigt worden war. Den Grund dafür kennt die Familie nicht, wie die "Hamburger Morgenpost" berichtet. Der Vater sei daraufhin in die Türkei abgereist, wann und ob er überhaupt zurückkommt, weiß derzeit niemand. Was die Wilhelmsburger besonders verärgert, sind Zettel, die die Hausverwaltung im Kiosk sowie in anderen geschlossenen Geschäften in der Veringstraße hinterlassen hat. Die Nachbarn sehen darin eine Form von Alltagsrassismus, schreibt die "Mopo".

Zettel im Fenster
"Keine Kneipe, kein Kiosk, kein Ramschladen, keine Shisha-Bar, kein Handy-Laden, kein 'ich weiß noch nicht' erwünscht!!!" Die Nachricht der Hausverwaltung an zukünftige Nachmieter erregt in Wilhelmsburg die Gemüter der Nachbarn. 
© Svenja Napp

"Dieser Laden war das Baby meines Vaters. Er ist nicht der Typ, der rumsitzt. Damals kam er aus der Türkei nach Deutschland, um uns Kindern mehr bieten zu können. Er hat den Laden mit meiner Mutter zusammen geführt, um uns zu versorgen", zitiert die "Mopo" den 28-jährigen Umut S., der Ismails ältestes von drei Kindern ist. Die Kommunikation zwischen Mieter und Vermieter sei zum Ende hin sehr kalt gewesen, die Familie habe sich unerwünscht gefühlt.

Manche Geschäfte als Nachmieter ausgeschlossen

In vielen Großstädten wie Hamburg, Berlin oder Dortmund ist es so: Kioske, Spätis, Handy-Reparatur- oder 1-Euro-Läden eröffnen häufig Menschen, deren Vorfahren einmal aus der Türkei nach Deutschland gekommen sind. Oft hilft die ganze Familie dabei mit, die oft langen Öffnungszeiten sicherzustellen. Exakt diese Betreiber versucht die Verwaltung einiger Häuser in der Wilhelmsburger Veringstraße nun als Nachmieter auszuschließen. Der Kiosk zum Beispiel soll nun ein Restaurant werden, wie unsere Fotografin von den dort arbeitenden Malern erfuhr.

Dass die Straßenbewohner dieses Vorgehen und erst recht die Art und Weise der Kommunikation als eine Form von Alltagsrassismus verstehen, lässt sich daher durchaus nachvollziehen. Fremdenfeindlichkeit zeugt in einem Multikulti-Stadtteil wie Wilhelmsburg von besonders großer Dummheit, jeder von uns hat schließlich überall auf der Welt Wurzeln.

Die Hamburger Immoversum GmbH hat auf eine Nachfrage des stern für eine Stellungnahme bis Redaktionsschluss nicht reagiert.

bal