Blackberry Das Misstrauen der Gewerkschaften

Von Benjamin Prüfer
Es ist das Dilemma des digitalen Zeitalters: Mobilfunkgeräte wie der Blackberry verwischen die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben. In den Vereinigten Staaten und Kanada beginnen sich die Gewerkschaften für das Thema zu interessieren.

Die drei Angestellten des US-amerikanischen Fernsehsenders ABC staunten: Ihr neuer Arbeitgeber konfrontierte sie im Mai mit einer Verzichtserklärung, die sie zu unterschreiben hätten. In dieser sollten sie versichern, keinen Lohn für Zeit zu verlangen, die sie zu Hause mit der Beantwortung von geschäftlichen E-Mails an ihrem Mobilfunkgerät der Marke Blackberry verbringen würden. Sie weigerten sich. Also verlangte ihr Arbeitgeber, dass sie die Apparate abgeben.

Keine Verzichtserklärung, kein Blackberry

Die drei Journalisten wandten sich an ihre Gewerkschaft, die Writers Guild of America. Und dann hatten sie Grund, noch mehr zu staunen: Eine Fachzeitschrift erfuhr von dem Vorfall, veröffentlichte ihn - und dann standen sowohl bei ABC als auch bei der Writers Guild die Telefone nicht mehr still. Die "New York Post" schrieb darüber, ein CNN-Reporter sah bereits Klagewellen von Blackberry-Nutzern kommen.

Die Medienreaktion auf den Fall der drei ABC-Angestellten zeigt das Interesse an einem Dilemma des digitalen Zeitalters: Die ständige Erreichbarkeit, die Mobilfunkgeräte schaffen, lässt die Grenzen zwischen Privatleben und Arbeitszeit verwischen. Bisher galt der Blackberry als ein Statussymbol für Workaholics - und sein Einfluss auf das Privatleben war vor allem von Interesse für Soziologen. Doch seitdem er sich auch bei den kleineren Angestellten durchsetzt, beginnen sich die Gewerkschaften für ihn zu interessieren. Zumindest in Amerika.

Angst vor zusätzlicher Arbeit

"Das schnelle Checken eines Blackberry ist nicht unser großes Anliegen", sagt Lowell Peterson, Vorsitzender der östlichen Sektion der Writers Guild. "Unsere Sorge ist, dass sich dies in eine bedeutende Arbeitsverpflichtung entwickeln könnte, für die man nicht bezahlt wird." Die technische Entwicklung der Handys gehe weiter, sie böten die Möglichkeit, Texte zu schreiben, Blogs zu posten, Dokumente zu entwerfen und Verträge zu unterzeichnen. "Es war uns wichtig, deutlich zu machen, wo wir stehen", so Peterson. "Dies wird nicht ein unbezahlter 24-Stunden-die-Woche-Arbeitsplatz werden."

Eine Studie des von einer Stiftung finanzierten Pew Research Center in Washington zeigt, wie weit der Blackberry und andere Geräte in den USA bereits in des Privatleben vorgedrungen sind: In dem im März veröffentlichten Report gaben 36 Prozent der befragten US-Amerikaner an, sie könnten nur schwer auf ein Gerät verzichten, mit dem sie unterwegs E-Mails lesen können. Zum Vergleich: Nur 40 Prozent sagten, sie könnten nicht auf ein Festnetztelefon verzichten. Und nur 43 Prozent wollten nie ohne Fernseher leben. Von den Blackberry-Nutzern sagten 60 Prozent, dass sie das Gerät regelmäßig zu Hause in ihrem Bett benutzen.

Mehr Gehalt für Blackberry-besitzer

Die Writers Guild ist nicht die erste Arbeitnehmervertretung, die sich diesem Thema angenommen hat. Bereits Ende April forderte die Gewerkschaft für den Öffentlichen Dienst in Kanada, dass Angestellte mit einem Blackberry höhere Löhne erhalten sollten. Das Multimedia-Handy führe zu einer Art dauerhaften Bereitschaftsdienstes, argumentierte Ed Cashman, Vertreter der Public Service Alliance of Canada, einer der größten Arbeitnehmervereinigungen des Staats. Die jetzt gültigen Tarifverträge enthielten veraltete Klauseln über Anwesenheitszeiten.

"Diese müssen aber neu geschrieben werden." Die Apparate hätten die Arbeit und Bereitschaftszeiten neu definiert, sagte Cashman. In Deutschland ist der Blackberry bei Gewerkschaftern allerdings noch kein Thema. Ein Verdi-Sprecher antwortete auf Anfrage, ihm sei nicht bekannt, dass sie einmal Gegenstand von Tarifverhandlungen gewesen seien. Die Writers Guild und ABC einigten sich schließlich. Die Blackberry-Zeit wird bezahlt, aber nur wenn sie "über die Routine hinausgeht". Alle Angestellten bekamen ihre geliebten und gehassten Geräte zurück.

FTD

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