Der Schweizer Ökonom Thomas Straubhaar zählt zu den Befürwortern des Grundeinkommens. Die Idee: Jeder Bürger bekommt einen monatlichen Betrag - gerechnet wird aktuell mit 1000 Euro - vom Staat. Statt Leistungen wie Kinder- oder Arbeitslosengeld zu bekommen, gibt es nur diesen Betrag - dafür für alle. Auch für Arbeitnehmer, Unternehmer. Finanzieren wollen die Experten das Projekt mit einer höheren Besteuerung: 50 Prozent vom Gehalt gehen an den Staat. Im Gespräch mit dem Wirtschaftsmagazin "Brand eins" erläutert Straubhaar, dass gerade im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung ein Grundeinkommen wichtig wäre. Denn Arbeitsplätze, wie wir sie heute kennen, werde es künftig deutlich weniger geben.
Digitalisierung verändert Arbeitswelt
Zunächst erklärt Straubhaar, dass sich bislang der Lohn von der Produktivität ableite. Allerdings sei die menschliche, körperliche Arbeit nur weniger produktiv. "Mein Paradebeispiel ist der Bauarbeiter, der eine Grube aushebt: Mit den Händen braucht er ewig, mit der Schaufel geht es etwas schneller – mit dem Bagger ratzfatz", sagt Straubhaar im Interview mit "Brand eins". Die körperliche Arbeit werde produktiver, wenn sie durch Maschinen oder - immer wichtiger, wie Straubhaar bemerkt - durch Wissen verstärkt werde. "Deshalb verdient der Baggerfahrer mehr als der Bauarbeiter und weniger als der Ingenieur."
Grundeinkommen wirkt entlastend
Das Problem: Künftig wird es weniger Arbeitsplätze geben, wie wir sie kennen. Auch das Arbeiten selbst wird sich verändern. Wie das aussehen könnte, könne man an der "digitalen Elite" beobachten, so der Ökonom. Nach Großprojekten würden Entspannungsphasen folgen. "Aber auch wer schwer körperlich arbeitet, muss das nicht zwangsläufig 40 Stunden pro Woche tun: Längere Erholungsphasen sind gut für die Motivation, aber auch für die Gesundheit", so Straubhaar zu "Brand eins". "Zudem eröffnet weniger Erwerbsarbeit die Chance, dazuzulernen, sich um die Familie zu kümmern, sich zu engagieren oder einfach nur herumzuspinnen. Vielleicht kommt dabei ein großer Wurf heraus?" Daher hält Straubhaar das Grundeinkommen für eine wichtige und richtige Entwicklung. Finanzieren soll das eine Wertschöpfungssteuer von 50 Prozent - die auf Lohn genauso wie auf Dividenden und Aktiengewinne fällig wird.
Staat kann Grundeinkommen finanzieren
Genug Geld sei in den Staatskassen vorhanden, so Straubhaar. "Im heutigen System haben wir in Deutschland eine Nettowertschöpfung von etwa 2,5 Billionen Euro und Staatsausgaben bei Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen von insgesamt rund 1,3 Billionen Euro pro Jahr", sagt der Ökonom zum Wirtschaftsmagazin. Würde man die Sozialleistungen durch ein Grundeinkommen ersetzen, würde der Staat nicht schlechter gestellt - nur würden dann die Ausgaben gleichermaßen von Kapital und Arbeit getragen werden. 2015 habe der Sozialetat bei 888 Milliarden Euro gelegen. Davon könne man ein monatliches Grundeinkommen von 1000 Euro finanzieren.
So wirkt das Grundeinkommen
Straubhaar rechnet auch vor, wie sich das Grundeinkommen auf das heutige Gehalt auswirken würde. Eine Uni-Professorin mit 120.000 Euro Jahresgehalt würde 50 Prozent Steuern zahlen, gleichzeitig aber 12.000 Euro im Jahr Grundeinkommen erhalten. Sie würde also eine Nettosteuer von 48.000 Euro zahlen, das entspräche 40 Prozent. Bei einem Filialleiter mit 60.000 Euro Jahresgehalt läge die Nettosteuer bei 18.000 Euro (30 Prozent) und bei einer Putzhilfe mit 24.000 Euro Jahresgehalt läge der Nettosteuersatz bei null.
