Missglückter Job-Einstieg "Ich war mir selber überlassen": Warum Arbeitnehmer in den ersten 100 Tagen kündigen

Nicht immer hält der neue Job, was er verspricht
Nicht immer hält der neue Job, was er verspricht
© PeopleImages / Getty Images
Kaum da, schon wieder weg: Fast jeder Fünfte hat schon mal in den ersten 100 Tagen den Job hingeschmissen, sagt eine Studie. Die Befragten erklärten auch, was ihnen in der Probezeit so übel aufstieß.

Nicht immer gelingt der Einstieg in den neuen Job reibungslos, das gab es auch schon vor Corona. Doch verstärktes Homeoffice und virtuelles Onboarding haben die Herausforderungen offenbar noch einmal deutlich verschärft. Das legt eine Studie des Recruiting-Unternehmens Softgarden nahe, das mehr als 2000 Bewerber und Bewerberinnen zu ihren Probezeit-Erfahrungen bei früheren Arbeitgebern befragt hat.

17,8 Prozent der Teilnehmer:innen gaben dabei an, dass sie schon einmal einen Job in den ersten 100 Tagen gekündigt haben. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber einer Vor-Corona-Befragung aus dem Jahr 2018: Damals hatte die Quote der 100-Tage-Abbrecher nur bei 11,6 Prozent gelegen.

Auch der Anteil derjenigen, die sagen, sie hätten "kurz davor" gestanden, in den ersten 100 Tagen zu kündigen, erhöhte sich – wenn auch nur leicht von 15,7 auf 17,4 Prozent. Unterm Strich lief die Probezeit damit bei mehr als jedem dritten Befragten schon mal so bescheiden, dass er drauf und dran war, die Reißleine zu ziehen – oder tatsächlich den schnellen Abgang machte. 

Kein Plan, keine Anweisungen, kein Bürostuhl

Die Gründe für eine solche Blitz-Kündigung liegen laut Studie vor allem in drei Bereichen: einer schlechten Einarbeitung der neuen Mitarbeiter, Schwierigkeiten mit dem neuen Chef und nicht erfüllten Erwartungen aus der Bewerbungsphase.

Manchmal passt auch gar nichts von alldem, wie einige besonders krasse Antworten zeigen: "Kein Arbeitsplatz, kein Büro, keine Stellenbeschreibung, kein Onboarding. Ich war mir selber überlassen und musste mich selber organisieren. Selbst den Schreibtisch und den Bürostuhl durfte ich selber montieren", berichtet ein Umfrageteilnehmer. Ein anderer schildert eine weitere rundum verheerende Erfahrung: "Ich hatte keinen Schreibtischstuhl, kein Telefon, keine Visitenkarten und der PC war nicht eingerichtet. Der Vorgesetzte hat nicht mit mir gesprochen und noch nicht einmal auf Fragen geantwortet, obwohl er mit mir in einem Raum saß. Es gab keinen Einarbeitungsplan und keine klaren Arbeitsanweisungen."

Einen konkreten Onboarding-Plan gab es laut Studie noch nicht mal in jedem zweiten Unternehmen. Und nur jeder zweite Befragte fand bei seinem letzten Job am ersten Arbeitstag einen vollständig eingerichteten Arbeitsplatz vor. "Monitor bzw. Hardware musste selbst aufgebaut werden, keine Einarbeitung in Datenverarbeitungssystem", erinnert sich einer. Ein anderer musste volle zwei Wochen auf die Berechtigung zum Login warten – "den Computer konnte ich erst nach 14 Tagen nutzen". Und ein dritter berichtet: "Ich musste mir selbst einen Rechner kaufen, um während der Home-Office-Pflicht zu Hause arbeiten zu können, der Arbeitgeber hat keinen gestellt." 

Funktioniert die virtuelle Einarbeitung im neuen Job?

Häufig fehlte es auch an Ansprechpartnern, die die Neulinge an die Hand nahmen. Einen speziellen Onboardingmanager gab es nur in drei von zehn Unternehmen. Und selbst einen persönlichen Ansprechpartner unter den Kollegen der eigenen Abteilung nur in sechs von zehn Fällen. "Ich sollte eingearbeitet werden durch einen Azubi, der selbst erst zwei Monate im Unternehmen war", so die Erfahrung eines Umfrageteilnehmers. Immerhin: Acht von zehn Befragten wurden am ersten Tag zumindest den Kollegen und Kolleginnen offiziell vorgestellt.

Erschwert werden kann das Ankommen im neuen Unternehmen, wenn man die Kollegen gar nicht persönlich treffen kann, weil sie im Homeoffice sitzen. Zwar sagt jeder Zweite, dass virtuelles Onboarding genauso gut funktioniert wie in Präsenz. Aber 30 Prozent, die bereits Erfahrung damit gemacht haben, finden es nachteilig. Ihnen fehlt der kurze Kontakt, um unkompliziert Fragen zu stellen, sowie das zwischenmenschliche Kennenlernen, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. 16 Prozent sagen hingegen, dass virtuelle Einarbeitung für sie sogar besser funktioniert, weil Inhalte gut digital vermittelt werden können und man viele verschiedene Menschen im Unternehmen kennenlernen kann, ohne dafür reisen zu müssen.

Vom Chef alleingelassen

Dass sich die Wege schon nach kurzer Zeit wieder trennen, kann auch am Verhalten der Vorgesetzten liegen. Nur jeder zweite Befragte fühlte sich vom Chef oder der Chefin ausreichend unterstützt. Viele vermissen auch klar formulierte Erwartungen und regelmäßiges Feedback. Die meisten Vorgesetzten reagieren laut Befragung zwar auch bei Fehlern der Mitarbeiter ruhig und gelassen, manche geraten aber auch an cholerische und unangenehme Führungskräfte.

Eine ganz spezielle Erfahrung schildert ein Umfrageteilnehmer, bei dem es der Vorgesetzte war, der den unerwarteten Blitzabgang machte. "Ich war am ersten Tag da, dann wurde der Chef wegen Betrugsvorwürfen freigestellt und kam nicht zurück."

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