Karriere Wenn Kinder und Karriere unvereinbar scheinen

Der neue Job könnte den erhofften Karrieresprung für die alleinerziehende Mutter bedeuten - und auch Spaß machen. Aber wie organisiere ich den Alltag? Eine Nürnberger Agentur schafft Abhilfe.

Die allein erziehende Frau aus München hatte ihren Traumjob in Nürnberg schon fast abgeschrieben. Denn kaum hatte sie die Zusage ihres neuen Chefs in der Tasche, traten auch schon unerwartete Hürden auf: Der versprochene Kindertagesstätten-Platz für ihre vierjährige Tochter sollte nun erst im Spätherbst zur Verfügung stehen - ein halbes Jahr zu spät. Das Problem der berufstätigen Mutter ist inzwischen gelöst - dank der Nürnberger "Agentur für Familie und Arbeit", die der jungen Frau vorübergehend eine Tagesmutter vermittelt hat.

Mit Rat und Tat zur Seite

Wann immer Kinder und Beruf unvereinbar scheinen, steht die Nürnberger Agentur seit knapp einem Jahr Eltern und Firmen mit Rat und Tat zur Seite. Unter dem Dach des örtlichen Vereins "Kinderhaus Nürnberg" sucht die Beratungsstelle auch mal nach ungewöhnlichen Wegen, wenn Kinder scheinbar Job und Karriere einer Mutter oder eines Vaters im Wege stehen. Denn die hohe Mobilität vieler Berufstätiger führe dazu, dass die Großeltern immer seltener "um die Ecke" wohnen, beschreibt die Geschäftsführerin des "Kinderhaus"-Vereins, Carola Weise, das Problem.

"Manche Probleme lassen sich schon am Telefon klären, in anderen Fällen braucht es intensive Beratung", sagte sie. Die Palette der Hilfen reicht von der Vermittlung eines Fortbildungskurses für Berufsrückkehrerinnen über die Beschaffung von Hortplätzen bis zur Suche nach Ferienangeboten für Kinder. Welche berufstätige Frau könne schließlich schon für die gesamte Dauer der Sommerferien Urlaub nehmen, gibt Weise zu bedenken. Manchem Ratsuchenden werde auch einfach nur Mut gemacht, Nachbarn um Hilfe zu bitten - oder sich mit anderen Müttern oder Vätern mit ähnlichen Problemen zusammen zu tun.

Doch nicht immer ist das Problem mit einem Hortplatz, einer Tagesmutter, Familientreffs, einer Mittagsbetreuung oder einem von der "Agentur für Familie und Beruf" organisierten Au-pair-Mädchen zu lösen. Oft bedarf es der entsprechenden Unterstützung der Unternehmen. In solchen Fällen schaltet das Nürnberger Agentur-Team Christoph Weiß vom Ansbacher Unternehmen bws ein. Finanziell unterstützt vom Europäischen Sozialfonds, dem bayerischen Sozialministerium und der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, beraten er und seine Kollegin Andrea Herzog kleine und mittlere Unternehmen bei der familienfreundlichen Gestaltung von Jobs.

Familiengerechte Arbeitszeiten

Anfänglich waren es nach Weiß Angaben vor allem Beschäftigte, die den Rat der Ansbacher Firmenberater suchten - etwa bei der Einführung von Teilzeitmodellen. Mehr als acht Monate nach dem Start des Projekts meldeten sich aber auch zunehmend Firmen. "Manche Unternehmen merken, dass sich familiengerechte Arbeitszeiten auch für sie rechneten", berichtet Firmenberater Weiß. So hat bws erst unlängst einen kleinen Handwerksbetrieb bei der Umsetzung eines flexiblen Arbeitszeitkonto-Modells für Väter unterstützt.

Nach Beobachtungen von Carola Weise werden "familiengerechte Arbeitszeiten" vor allem bei einem Generationswechsel an der Firmenspitze zum Thema. "Bei jungen Chefs, die selbst Kinder haben, wächst hier zunehmend die Sensibilität", hat die "Kinderhaus"-Chefin beobachtet. Vor allem bei Großunternehmen habe das Thema "Familienbetreuung" inzwischen einen so hohen Stellenwert, dass sie sich professionelle Hilfe für ihre Mitarbeiter einiges kosten ließen. Kooperationspartner für diese dritte - öffentlich nicht geförderte - Säule der "Agentur für Arbeit" ist das Unternehmen pme Familienservice GmbH.

Großunternehmen können für Mitarbeiter, denen sie "den Kopf freihalten" wollen, das komplette Kinder-Betreuungspaket bei pme einkaufen. Bundesweit arbeitet das Unternehmen bereits mit mehreren Dutzend Firmen zusammen. Im Raum Nürnberg stehe die Unterzeichnung des ersten Vertrags kurz bevor. "Mit vier anderen Firmen verhandeln wir noch", berichtet Carola Weise. Meist gehe es um eine weibliche Führungskraft. "Wenn diese Frau keinen Betreuungsplatz für ihre Kinder hat, dann hat die Firma ein Problem."

DPA
Klaus Tscharnke

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