Die Fronten sind verhärtet. Jeder beharrt auf seinem Standpunkt. Die Ärzte wollen 10,19 Prozent mehr Lohn sowie eine sofortige Angleichung der Ost-West-Gehälter. Die kommunalen Arbeitgeber sehen sich selber mit dem Rücken zur Wand stehen. Bestätigt wird diese Einschätzung vom jüngsten Krankenhauslagebericht, den die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) Anfang des Monats vorlegte. "Wir haben die Tariferhöhungen der letzten Verhandlungsrunde aus dem Jahr 2006 noch nicht verdaut, da kommen die Ärzte mit einer neuen Forderung", sagt Joachim Finklenburg, der die Verhandlungen für die kommunalen Arbeitgeber führt und selber eine Klinik in Gummersbach leitet.
Seinen Angaben zufolge machen die Gehälter der Ärzte zehn Prozent an den gesamten Personalkosten aus. Die Gesamtpersonalkostensteigerung lag bei drei bis fünf Prozent, die Refinanzierung bei 0,6 Prozent. "Wir haben keinen Spielraum mehr", erklärt er. Finklenburg würde sich nach eigenen Worten lieber hinstellen und die Ärzte auch am allgemeinen Wirtschaftsaufschwung teilhaben lassen. "Aber wir sind nicht die Deutsche Bahn, die lustig ihre Preise anheben kann." Die Politik gebe dafür den Rahmen vor und der sehe keinen Spielraum für die kommunalen Kliniken vor.
Ärzte liebäugeln mit Abwanderung
Das sehen die Ärzte anders. Der 47jährige Anästhesist Hans Gehle zum Beispiel ist der festen Überzeugung, dass es zu Entgeltsteigerungen kommen kann. Das Signal müsse auch aus Berlin kommen, ist der Mediziner aus dem Ruhrgebiet überzeugt. Wären da nicht seine drei Kinder und seine Ehefrau, Gehle wäre längst ins Ausland abgewandert, wie es immer mehr seiner Kollegen tun. "In den Niederlanden oder Großbritannien sind nicht nur die Arbeitszeiten besser, auch die Bezahlung ist wesentlich höher als in Deutschland." Hans Gehle hat auch 2006 bei den Tarifverhandlungen auf der Straße Seite an Seite mit anderen Ärzten und dem Marburger Bund für bessere Löhne gekämpft. "Letztendlich haben wir es nur geschafft, ohne ein dickes Minus aus der Sache raus zugehen." Was Gehle meint ist vielen Bürgern nicht verständlich. Sie haben nur die letzten Streiks im Hinterkopf und verstehen nicht, warum die Ärzte schon wieder auf die Straße gehen wollen.
Statt weiter nach dem Bundesangestelltentarif zu bezahlen, wollte der VKA den Ärzten den Tarif für den öffentlichen Dienst überstülpen. Dieser würde den Ärzten aber nicht gerecht. Die Mediziner kämpften deshalb für einen eigenen Tarifvertrag, der Berufsjahre und Weiterbildungsstatuts in der Gehaltsstruktur berücksichtigt. "Dadurch haben wir wenigstens nicht weniger Geld in der Tasche, aber leider auch nicht mehr. Dafür wollen wir jetzt unsere zehn Prozent mehr haben", erklärt er die Sache.
Kein 13. oder gar 14. Gehalt
Als Facharzt in der Stufe IV nach der ärztlichen Tabelle verdient Gehle 5300 Euro monatlich und zwölf Gehälter im Jahr. Ein 13. oder gar 14. Gehalt gibt es nicht. Dafür zwischen 40 und 50 Euro pro Bereitschaftsdienst obendrauf. Nach den Forderungen des Marburger Bundes würde Gehle künftig 6000 Euro im Monat für seine Arbeit erhalten.
Das Geld sei aber nur die eine Sache. Die Arbeitsbedingungen für Ärzte an den kommunalen Häusern eine andere. Offiziell kämpfen die Mediziner für mehr Geld, zwischen den Zeilen schwingt aber auch die Forderung nach einem besseren Arbeitsumfeld mit. "Bei vielen Kollegen ist die Leidensfähigkeit am Ende. Sie haben den Dienst in Deutschland längst quittiert und haben sich ins Ausland abgesetzt", weiß Gehle. In den Krankenhäusern spürt man dies. Viele Arztstellen können nicht besetzt werden, weil die Bewerber fehlen. Überforderte Ärzte und lange Wartezeiten sind für die Patienten schon jetzt keine Seltenheit mehr. "Auch wir werden einmal krank und möchten gut behandelt werden", meint der Intensivmediziner Julius Brand aus Bayern. Er hat seine Konsequenzen gezogen und jetzt seinen letzten Arbeitstag als fest angestellter Arzt hinter sich gebracht. "Nach über 20 Jahren in der Klinik." Ein bisschen Wehmut schwingt da schon mit.