Insolvenzverfahren Neue Galeria-Eigentümer stehen – Mehrheit der Filialen soll bleiben

Mehr als 70 der 92 Galeria-Filialen werden weiter geöffnet sein
Mehr als 70 der 92 Galeria-Filialen sollen den neuen Eigentümern zufolge weiter geöffnet sein
© Uwe Zucchi / DPA
Auftamen bei Galeria: Die Warenhauskette ist zumindest teilweise gerettet. Wie viele Filialen am Ende noch geöffnet bleiben, wird Ende April entschieden.

Ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners und dem Unternehmer Bernd Beetz übernimmt die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof. Die beiden Investoren strebten die Übernahme und Finanzierung von Galeria im Rahmen eines Insolvenzplans an, teilte der Konzern am Mittwoch in Essen mit. Geplant ist, dass mehr als 70 der derzeit 92 Filialen deutschlandweit übernommen werden – die finale Entscheidung darüber soll aber "erst Ende April fallen".

Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Mit der Übernahme einher geht auch eine Verschlankung der Zentrale in Essen. Dort sollen 450 Arbeitsplätze und damit die Hälfte der Jobs wegfallen.

Ende Mai Abstimmung der Galeria-Gläubigerversammlung

Der Bieterprozess wurde laut Galeria-Geschäftsführer Olivier Van den Bossche am Dienstag "erfolgreich abgeschlossen". Auch die notarielle Beurkundung erfolgte am Dienstag. Der Insolvenzplan soll Ende April eingereicht werden, die Gläubigerversammlung wird voraussichtlich Ende Mai darüber abstimmen.

Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus wird nach Angaben des Konzerns voraussichtlich bis Ende Juli die Kontrolle über den Konzern behalten – dann geht sie auf die neuen Eigentümer über.

Der Deutsche Städtetag begrüßte die Entscheidung. "Mit der Trennung von der Signa-Gruppe haben diese Häuser eine echte Chance auf einen Neustart", teilte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy am Mittwoch in Berlin mit. Für die Städte zähle, dass den verbleibenden Standorten eine Zukunftsperspektive gegeben wird, auf die sie bauen könnten, hob Dedy hervor. "Das gilt vor allem für die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Galeria-Filialen. Sie mussten wiederholt und seit Monaten um ihre Jobs bangen." Aber auch für die Menschen vor Ort blieben Kaufhäuser in den Innenstädten Ankerpunkt und Anlaufstelle.

Dass offenbar nicht alle Standorte erhalten werden, werde bitter für die betroffenen Städte und die Mitarbeitenden. "Für diese Häuser müssen zügig neue Konzepte entwickelt werden, die Frequenz schaffen. Leerstand können wir uns nicht leisten." Viele ehemalige Kaufhausstandorte würden bereits neu genutzt: als Schule, Museum oder Fitness-Studio, Wohngebäude oder für die Tagespflege.

Die Gewerkschaft Verdi hat sich ebenfalls zufrieden geäußert über die Bekanntgabe eines Investors für den insolventen Warenhauskonzern. "Wir begrüßen, dass offensichtlich ein finanzstarker Investor gefunden wurde, der Galeria als Ganzes erhalten will und über Kompetenz im Einzelhandel verfügt, wenngleich unsere Erfahrungen in der Vergangenheit durchaus zwiespältig waren", erklärte Verdi-Bundesvorstand Silke Zimmer am Mittwoch laut einer Mitteilung in Berlin.

Verdi für "konstruktive und arbeitsplatzsichernde Zusammenarbeit"

Verdi erwarte, dass der neue Eigentümer in das Unternehmen investiere, die Standorte erhalte und für die Beschäftigten langfristig die Arbeitsplätze sichere, so Zimmer weiter. "Der neue Eigentümer sollte gemeinsam mit den Beschäftigten ein modernes Zukunftskonzept entwickeln und auf dem Weg bringen, das die Stärke der Warenhäuser ausspielt: ein breites Sortiment gepaart mit guter Beratung."

Der Gesamtbetriebsrat erklärte, den neuen Eigentümern "für eine konstruktive und arbeitsplatzsichernde Zusammenarbeit zur Verfügung" zu stehen. Es sei klar, dass es erneut zu harten Einschnitten kommen werde. "Aber es werden auch tausende von Arbeitsplätzen erhalten bleiben", hieß es in einer Mitteilung.

Die Hudson's Bay Company ist in Nordamerika eine Größe und nach eigenen Angaben das am längsten ununterbrochen operierende Unternehmen des Kontinents.

Hudson's Bay Company bereits 1670 gegründet

Der Name Hudson's Bay – auf französisch kurz: La Baie – geht zurück auf eine jahrhundertealte Handelsstation im Nordosten des heutigen Kanada: Die Hudson's Bay Company war 1670 gegründet worden, um nordamerikanischen Ureinwohnern Felle abzukaufen. Zwei Franzosen überzeugten damals die britische Krone, ihnen die Herrschaftsrechte über Millionen von Quadratkilometern rund um die riesige Bucht Hudson's Bay zu übertragen.

Aus einer Handelsstation wurden mehrere, und aus den Handelsstationen im 19. Jahrhundert Läden für Siedler. 1912 eröffnete die Hudson's Bay Company ihre ersten sechs großen Kaufhäuser in Kanada, in den folgenden Jahrzehnten folgten viele weitere. In den 70er Jahren begann das Unternehmen mit Zukäufen und wurde so noch größer – verschuldete sich aber auch stark.

2008 fusionierte Hudson's Bay mit dem US-Einzelhandelskonzern Lord and Taylor, ebenfalls ein Unternehmen mit langer Tradition. Der Sitz der kanadischen Kette blieb in Toronto, kontrolliert wird sie seitdem aber vom Eigentümer von Lord and Taylor: NRDC Equity Partner und dessen Chef Richard Baker.

Saks Fifth Avenue

Fünf Jahre später vergrößerte sich die Hudson's Bay Company um das weltweit bekannte Unternehmen Saks Fifth Avenue, eine Kette von Luxus-Kaufhäusern mit dem berühmten Warenhaus in New York als Flaggschiff. Toronto und New York teilen sich heute den Hauptsitz des Unternehmens.

NRDC war über HBC bereits einmal Eigentümer von Kaufhof: 2015 organisierte Konzernchef Baker die Übernahme der Warenhauskette Galeria Kaufhof. 2018 verkaufte HBC einen Mehrheitsanteil an die Signa Holding von René Benko, beide Ketten fusionierten.

Dieser Beitrag wird laufend aktualisiert.

DPA · AFP
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