Der Lebensmittelkonzern Nestlé kauft den Hamburger Gewürzhersteller Ankerkraut. Wie die beiden Unternehmen am Mittwoch mitteilten übernimmt Nestlé eine Mehrheitsbeteiligung an Ankerkraut und ist damit neuer Haupteigentümer.
Das Gründerpaar Anne und Stefan Lemcke sowie das aktuelle Management bleiben aber Gesellschafter und sollen das Unternehmen weiter führen. "Ankerkrauts aktuelles Management-Team wird das Geschäft eigenständig weiterführen", erklärte Nestlé. Und auch Ankerkraut betonte via Twitter, am operativen Geschäft werde sich nichts ändern.
Man sei überzeugt, "viel voneinander lernen zu können und das Beste aus zwei Welten zusammenzubringen", sagt Nestlé-Deutschlandchef Marc Boersch. "Etwa, wie Marken aufgebaut werden, Trends aufgegriffen und Innovationen entstehen, oder wie ein Portfolio erfolgreich wachsen kann." Anne und Stefan Lemcke erklären in der Mitteilung: "Für uns ist dieser Schritt eine großartige Chance, denn wir wollen unser Wachstum und unsere Professionalisierung weiter vorantreiben."
Ankerkraut heute ein Millionen-Business
Das Ehepaar Lemcke hat Ankerkraut vor zehn Jahren gegründet und wurde einem breiten Publikum 2016 durch einen Auftritt in der Gründershow "Die Höhle der Löwen" bekannt. Investor Frank Thelen investierte damals in das Start-up, das in den folgenden Jahren ein rasantes Wachstum hinlegte.
Die Gewürzmischungen werden online und im Supermarkt verkauft. Nach Unternehmensangaben lag der Jahresumsatz zuletzt bei 40 Millionen Euro, Tendenz weiter steigend. Das Gründer-Ehepaar baute das Unternehmen nicht nur operativ auf, sondern sorgte auch für das hippe Image im ansonsten eher verschlafenen Gewürzbusiness. Der Erfolg der Marke beruhte nicht zuletzt auch auf einer sehr erfolgreichen Social-Media- und Influencer-Vermarktung.
Fans kritisieren Nestlé-Übernahme
Dieses Image dürfte mit dem Verkauf an Nestlé einem harten Stresstest ausgesetzt werden. Unter dem Ankerkraut-Tweet mit der Bekanntmachung der Übernahme häufen sich die negativen Kommentare enttäuschter Fans, Kunden und Influencer. In der Kernzielgruppe der Ankerkraut-Klientel können sich offenbar viele so überhaupt nicht mit dem Nestlé-Konzern anfreunden. Die Kommentare reichen von "enttäuschend" und "sehr traurig" bis zu "Ihr seid bei mir unten durch. Hauptsache Geld machen." Der Schweizer Nestlé-Konzern stand in der Vergangenheit immer wieder im Zusammenhang mit Umweltzerstörung und ausbeuterischen Geschäftspraktiken in der Kritik.
Einen Teil von Ankerkraut hatten die Gründer schon 2020 verkauft. Damals übernahm der Investor EMZ 30 Prozent des Unternehmens, die Lemckes blieben aber federführend an Bord. Wie viel Nestlé nun für die Mehrheit an Ankerkraut bezahlt, wurde nicht bekannt.