Kaum 100 Tage im Amt, hat der neue Bundesbank-Präsident Axel Weber schon einen Spitznamen bekommen: "Turbo-Weber". Mit erstaunlich hohem Tempo wirbelt der 47-jährige Wirtschaftsprofessor durch die Gänge der Behörde und macht auf sich aufmerksam. "Die Bundesbank hat in der Geldpolitik wieder eine Stimme", sagt der Chefvolkswirt der Deka-Bank, Ulrich Kater. "Da sitzt der richtige Mann an der richtigen Stelle."
Nur kleine Anfangsfehler
Die Frankfurter Finanzszene hat Weber kleine Anfangsfehler verziehen und ist sich inzwischen einig: der neue Chef hat das weitere Abrutschen der Bundesbank in die Bedeutungslosigkeit gestoppt. Denn seit der Euro-Einführung bestimmt die Europäische Zentralbank (EZB) die Geldpolitik - und nicht mehr die Bundesbank. Als Mitglied im EZB-Rat habe Weber sich aber beharrlich Gehör verschafft. "Sein fundiertes Wissen und seine klaren Aussagen zur Geldpolitik werden geachtet", sagt Chefvolkswirt Ulrich Ramm von der Commerzbank.
Seine Herkunft kommt dem studierten Volkswirt, der zuletzt als Professor an der Universität Köln lehrte, dabei zu Gute: er ist der erste Präsident, der direkt aus der Wissenschaft und nicht aus der Politik berufen wurde. Bei seinem Amtsantritt Ende April übernahm der achte und jüngste Bundesbankpräsident ein schweres Erbe. Sein Vorgänger Ernst Welteke war über die Affäre um einen Hotelaufenthalt auf Kosten der Dresdner Bank gestürzt. Das Ansehen der Bundesbank war ramponiert.
14-Stunden-Arbeitstage
Der nüchterne Professor mit seinen durchdringend blauen Augen setzte auf wissenschaftliche Kompetenz und harte Arbeit. "Mein Ziel ist, dass die Bundesbank in der Öffentlichkeit wieder als kompetent, engagiert und zuverlässig wahrgenommen wird, wie sie es verdient", erklärte er frisch im Amt. Mit Versessenheit zum Detail machte Weber sich 14-Stunden-Arbeitstage zur Regel.
Beobachter schätzen vor allem die klaren Worte, die der ehemalige Wirtschaftsweise und Berater der Bundesregierung findet. Schon in seiner Antrittsrede kritisierte Weber die Haushaltspolitik von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) und verlangte einen strikten Sparkurs. Mit wenigen Worten demonstrierte der parteilose Volkswirt damit die Unabhängigkeit der Bundesbank - und setzte die Tradition der Bank als Hüterin des europäischen Stabilitätspaktes fort.
Geschickter Stratege
Obwohl Weber keinerlei Erfahrung als Leiter einer Behörde mitbrachte, meisterte er im Juni die Vorwürfe zum Missmanagement bei Immobilien. Die Bank habe jahrzehntelang Steuergelder verschwendet und ihren Vorständen teure Villen im Taunus für Mini-Mieten bereit gestellt, hieß es. In einer Blitzaktion ließ Weber übers Wochenende die Daten sammeln und legte sie vor der Presse offen. Damit nahm er der Medien-Kampagne den Wind aus den Segeln.
"Weber hat die Affäre ausgezeichnet gemanagt. Er steht für Transparenz und eine saubere Führung", sagt die Finanzanalystin der Bankgesellschaft Berlin, Gertrud Traud. Auch im Vorstand findet Weber den richtigen Ton. Unter seiner Leitung einigte sich der Vorstand auf einen strikten Verhaltenskodex, der die Annahme von Geschenken und Einladungen begrenzt. Der Hausputz muss aber weiter gehen: Weber soll den Umbau der Behörde vorantreiben, bei dem bis 2007 die Stellen um rund ein Drittel auf 11.000 gestrichen werden sollen. "Ich werde Visionen entwickeln", kündigte der neue Chef selbstbewusst an.
EZB zeigte sich irritiert über Ungestüm
Dennoch eckt Weber auch an. So irritierte er den EZB-Rat mit einem Interview, in dem er den Eindruck erweckte, nicht vollständig mit der geldpolitischen Strategie der EZB konform zu gehen. Prompt gab es Klagen über "diesen ungestümen Newcomer". Als weitere Schwächen nennen Insider seine Neigung zum Dozieren wie in einer Universitäts-Vorlesung. Weber ziehe die Mitarbeiter nicht mit, sein Tempo sei zu schnell, heißt es.
Der Vater von zwei Kindern nimmt diese Kritik gelassen und entspannt sich in seiner Freizeit am liebsten beim Forellen-Fischen. Auf die Frage, was ihn überhaupt ärgere, antwortet der begeisterte Läufer: "Ganz wenige Dinge und eher persönliche. Etwa wenn ich beim Marathon die Vier-Stunden Grenze um sieben Minuten verfehle."