Der Börsenhändler Jérôme Kerviel von der französischen Bank Société Générale (SG) hat im Verhör offenbar umfangreiche Aussagen gemacht. Staatsanwalt Jean-Michel Aldebert teilte mit, der 31-jährige Kerviel habe sich den Behörden gestellt und verhalte sich kooperativ. "Er ist dazu bereit, sich zu erklären", sagte Aldebert. Die Befragung erweise sich als äußert ergiebig. Kerviel war nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden, seit die französischen Großbank Société Générale (SG) am 24. Januar die Verluste bekannt machte.
Kerviels Motive bleiben im Dunkeln
Der mutmaßliche Verursacher des Milliardenschadens hat sich nach Angaben seiner Anwälte nicht bereichern wollen, sondern "im Interesse der Bank gehandelt". Sein einziges Ziel sei es gewesen, der Bank große Gewinne einzubringen, berichtet die Zeitung "Le Parisien" unter Berufung auf die Anwälte des 31-Jährigen. Kerviel soll am Montagnachmittag einem Richter vorgeführt werden, der entscheidet, ob ein Verfahren gegen ihn eröffnet wird.
Der 31-jährige Kerviel hat seiner Bank nach deren letzten Angaben einen Schaden von 4,82 Milliarden Euro zugefügt. Die SG warf ihm in einer Erklärung Hackermethoden und "verschiedene Betrugstechniken" vor. In einer fünfseitigen Erklärung versuchte die SG-Führung dem Eindruck entgegen zu treten, sie habe mit einem massiven Verkauf der von Kerviel aufgebauten Positionen die Börsenmärkte in der vergangenen Woche zusätzlich unter Druck gebracht. Sie habe zwar in der vergangenen Woche Kontrakte über die Börsen-Indexe Eurostoxx, DAX und FTSE verkauft, dies sei aber auf eine kontrollierte Art und Weise erfolgt.
In dem Papier hieß es, Kerviel habe allein gearbeitet und dabei Positionen in Höhe von 50 Milliarden Euro angehäuft. Der Investment-Chef Jean-Pierre Mustier erklärte allerdings in einer Telefonkonferenz mit Journalisten: "Ich kann nicht 100 Prozent garantieren, dass es keine Mittäter gegeben hat." Zu den Motiven des Händlers konnte er nichts sagen. "Wir wissen es nicht, wir verstehen es nicht", sagte Mustier und sprach von einem Schock für die Bank.
Reaktionen aus der Politik
Staatspräsident Nicholas Sarkozy verurteilte unterdessen öffentlich hochriskante Spekulationsgeschäfte und forderte Gegenmaßnahmen: "Wir müssen dieses System, in dem es drunter und drüber geht, stoppen." Es sei an der Zeit, etwas "gesunden Menschenverstand in all diese Systeme zu injizieren".
Finanzministerin Christine Lagarde sagte, Kerviel habe offenbar allein gehandelt. Es gebe gegenwärtig keinen Grund zu glauben, dass nicht er als Einzelperson verantwortlich sei, sagte die Ministerin im Fernsehsender "France-2". Finanzexperten bezweifeln eine Alleintäterschaft.