Anzeige
Anzeige

Hunderttausende Kunden betroffen Pleite von BEV Energie: Das riskante Spiel der Stromdiscounter

BEV Energie
Schlechte Nachricht für Stromkunden: BEV Energie ist insolvent
© Ulf Wittrock / Getty Images
Erst lockte BEV Energie Hunderttausende Kunden mit Billigangeboten, dann verschreckte das Unternehmen sie mit massiven Preiserhöhungen. Jetzt ist der Billigstromanbieter pleite. Was das für Stromkunden bedeutet.

Die Pleiten von Teldafax und Flexstrom zählen zu den spektakulärsten Insolvenzen der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte. Nun ist mit der BEV Energie erneut ein Billigstromanbieter mit Hunderttausenden Kunden am Ende. Die BEV Bayerische Energieversorgungsgesellschaft hat am Mittwochabend Insolvenz angemeldet - bis zu eine halbe Million Kunden dürften betroffen sein.

Offiziell macht BEV gestiegene Energiebeschaffungskosten für die Pleite verantwortlich. Doch die wahren Gründe liegen tiefer: Am Ende ging ein zweifelhaftes Geschäftsmodell nicht mehr auf, auf das auch zahlreiche andere Stromanbieter setzen. Daher sollte die BEV-Pleite als Warnung für alle Stromkunden dienen, genauer hinzusehen, mit wem sie sich da einlassen.

BEV Energie: Mit Kampfpreisen verkalkuliert

Über Jahre hatte die BEV sich mit Kampfpreisen und hohen Neukunden-Boni an der Spitze großer Vergleichsportale wie Verivox und Check24 platziert. So konnte die BEV zwar Hunderttausende Kunden gewinnen, an denen sie aber zunächst nichts verdiente. Das Kalkül: Nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit und Preisgarantie sollten massive Erhöhungen der Strompreise die benötigten Gewinne bringen. Wie andere Stromdiscounter auch spekulierte die BEV darauf, dass die Kunden trotz der Erhöhungen zu faul zum Kündigen sein würden.

Doch dieses Kalkül ging offenbar nicht auf - und das Unternehmen agierte zunehmend panisch.  Zuletzt verschickte die Firma massenhaft Schreiben an ihre Kunden, in denen sie um eine "einvernehmliche Preisanpassung" noch innerhalb der geltenden Preisgarantie bat. Diese Erhöhungen hätten einzelne Kunden viele Hundert Euro im Jahr gekostet, wie der sternund andere Medien anhand zahlreicher Einzelfälle dokumentiert haben. Das wollten viele Kunden nicht mitmachen, die Kritik am Geschäftsgebahren der BEV wurde immer lauter. Der Kündigungsquote dürften die Schreiben auch nicht geholfen haben.

Seit Jahren hohe Beschwerdezahlen

Ihren Kunden hatte die BEV das Leben schon seit Langem schwer gemacht. Auf dem Beschwerdeportal Reclabox finden sich mehr als 2000 Beschwerden, die Bewertung bei Trustpilot ist verheerend. Kunden beschwerten sich immer wieder über nicht ausgezahlte Boni und Guthaben. Die Stiftung Warentest zählte den Stromdiscounter schon 2014 zu den Anbietern, die "keine fairen Tarife" anbieten. Zudem musste sich die BEV schon 2017 von der Verbraucherzentrale Niedersachsen wegen irreführender Abschlagszahlungen abmahnen lassen. Zuletzt leitete die Bundesnetzagentur ein Verfahren wegen intransparenter Zwischenabrechnungen ein.

Was BEV-Kunden wissen müssen

Was den BEV-Fall von der Teldafax-Pleite unterschiedet: Damals hatten Hunderttausende Kunden ihrem Strom bis zu ein Jahr im Voraus bezahlt und blieben auf dem Schaden sitzen. Vorkasse-Tarife gerieten danach in Verruf. Für die BEV-Kunden dürfte der Schaden daher geringer ausfallen. Ärger haben aber auch sie nun an der Backe. Neukundenboni, die nach Ablauf des ersten Vertragsjahres fällig werden, dürften nun nicht mehr ausgezahlt werden. Ebenso könnte es sich mit Guthaben verhalten, die aus überhöhten Abschlagszahlungen entstanden sind.

Die Verbraucherzentrale rät BEV-Kunden kein Geld mehr auf Konten der BEV zu überweisen und Sepa-Lastschriftmandate zu widerrufen. Trotz Insolvenz laufen die Verträge aber zunächst weiter, weshalb der vorläufige Insolvenzverwalter Kunden ein Ersatzkonto benennen wird, auf das nun gezahlt werden soll. Ansprüche wegen verfallener Boni oder Guthaben müssen Kunden zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen des Insolvenzverfahrens stellen.

Kritik gibt es mittlerweile auch an den Vergleichsportalen, die die Kunden zu BEV und anderen Billiganbietern vermitteln und dafür Provisionen kassieren. Check24 versucht Kunden, die kürzlich über das Portal zur BEV gewechselt sind, nun mit einem Gutschein über 30 Euro zu besänftigen - "als Entschädigung für Ihre unerfreulichen Erfahrungen". Das Geld bekommt man aber nur, wenn man seinen neuen Anbieter erneut über das Portal auswählt. Als Alternative zu den großen Vergleichsportalen haben sich in den vergangenen Jahren kleinere Portale wie Switchup etabliert, die Stromanbieter wie BEV grundsätzlich nicht vermitteln.

Quellen und weiterführende Informationen: Verbraucherzentrale / Switchup / BEV 

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel