Die Schweizer Großbank Credit Suisse ist am Ende: Der Global Player der Finanzindustrie ist so dramatisch in finanzielle Schwierigkeiten geraten, dass er vom Konkurrenten UBS übernommen wird. Hektisch wurde die größte Bankenfusion seit der Finanzkrise vor 15 Jahren am Wochenende beschlossen.
Die ebenfalls in der Schweiz beheimatete UBS tut das auf Drängen des Staates, der die ganze Aktion seinerseits durch Übernahme finanzieller Risiken unterstützt. Denn die Credit Suisse ist "too big to fail". Sie ist zu groß, als dass man sie Pleite gehen lassen könnte, ohne eine noch schlimmere Bankenkrise mit unabsehbaren Folgen auszulösen. Sollte ein solches Szenario nach den Erfahrungen aus der Finanzkrise 2008 nicht eigentlich vermieden werden?
Stattdessen muss nun wieder eine Großbank gerettet werden, deren Manager sich jahrelang hohe Gehälter und Boni auszahlen ließen. So hat der Schweizer Tages-Anzeiger errechnet, dass die Top-Manager der Credit Suisse seit 2013 rund 32 Milliarden Schweizer Franken an Boni kassierten, während die Bank im gleichen Zeitraum 3,2 Milliarden Franken Verlust gemacht hat (ein Franken entspricht etwa 1 Euro). Für die vergangenen zehn Jahre steht fünf Mal ein Verlust in der Bilanz.
Credit Suisse: Welche Boni werden ausgezahlt?
Immerhin für 2022 hatte sich die Chefetage der Credit Suisse zuletzt – vorerst – keine Boni ausgezahlt, wie die Neue Züricher Zeitung (NZZ) berichtet. Angesichts eines besonders heftigen Nettojahresverlusts von 7,3 Milliarden Franken gab es dann offenbar doch zu wenige Argumente für eine Erfolgsprämie. Aber auch ohne Boni flossen laut NZZ noch 32,2 Millionen Franken Gehalt auf die Konten der Bank-Führung, lediglich sechs Millionen weniger als im Jahr zuvor.
Um mögliche Bonuszahlungen gab es am Montag dennoch Aufregung: Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg erklärte die Credit Suisse in einem internen Schreiben, trotz der Übernahme würden alle Bonus- und Gehaltszahlungen wie geplant zum 24. März geleistet. Die Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter geht hingegen davon aus, dass die Finanzmarktaufsicht zumindest gegen das Management zeitnah ein Boni-Verbot ausspricht.
Skandale ohne Ende
Allerdings fragt man sich, wieso die Credit-Suisse-Banker überhaupt in den vergangenen Jahren derart üppige Boni verbuchen konnten. Denn auch abseits der nüchternen Zahlen hat die Bank nicht gerade mit Top-Managementleistungen geglänzt. Ganz im Gegenteil: Die Credit Suisse und ihre verantwortlichen Manager waren in einen Skandal nach dem nächsten verstrickt:
- So hat die bulgarische Mafia laut Staatsanwaltschaft von 2004 bis 2007 Credit-Suisse-Konten für Geldwäsche benutzt, wofür die Bank 2022 verurteilt wurde.
- 2013 vergab die Bank einen Milliardenkredit für Fischereiprojekte in Mosambik, wobei Credit-Suisse-Mitarbeiter 200 Millionen Dollar für sich selbst und Bestechungszahlungen abzweigten. Strafzahlungen von 475 Millionen Dollar waren die Folge.
- 2019 ließ die Credit Suisse einen zur UBS gewechselten Top-Manager von Detektiven überwachen, die ihm bei einer Verfolgungsjagd sogar das Handy entreißen wollten. Der Chef des operativen Geschäfts und der Sicherheitschef mussten infolge der Spitzelaffäre gehen. Der damalige Bankchef Tidjane Thiam, der mit dem bespitzelten Ex-Kollegen persönlich im Clinch gelegen haben soll, wurde bei der bankinternen Aufarbeitung des Skandals erst entlastet, musste dann 2020 doch gehen.
- 2021 verlor die Credit Suisse beim Zusammenbruch der Skandalbank Greensill viel Geld mit gemeinsam betriebenen Fonds.
- Im selben Jahr verlor die Bank 5 Milliarden Schweizer Franken, weil sie dem implodierten Hedgefonds Archegos sehr viel Geld für riskante Finanzwetten zur Verfügung gestellt hatte, ohne ausreichend auf das eigene Risiko zu achten.
- 2022 legten die "Suisse Secrets"-Recherchen der Süddeutschen Zeitung offen, dass die Bank auch Kriminelle, autokratische Herrscher und andere fragwürdige Personen zu ihren Kunden zählte.
Geld verloren, Vertrauen verspielt
All diese Skandale hatten ihren Preis. Laut dem Schweizer Sender SRF musste keine andere Bank seit der Finanzkrise so viele Geldbußen, Vergleichs- und Schadensersatzzahlungen leisten wie die Credit Suisse. In den vergangenen zehn Jahren seien etwa zwölf Milliarden Franken an Strafzahlungen zusammengekommen. Wie viel Glaubwürdigkeit und Vertrauen die Bank dabei verspielt hat, lässt sich wohl kaum in Zahlen ausdrücken. Der Absturz der Credit Suisse lässt sich jedenfalls nicht allein auf externe Faktoren wie die Zinswende schieben.
Die Schweizer Politik und Finanzbehörden haben nach Ansicht mancher dem Treiben der Bank zu lange tatenlos zugesehen. Andere argumentieren, dass auch eine strengere Regulierung der Banken letztlich keine absolute Sicherheit gegen Missmanagement und seine Folgen bieten kann.