Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 gehörten die superschlauen Jungstars der Investmentbank Credit Suisse First Boston zu den allerersten Finanzleuten aus dem Westen, die in Sankt Petersburg in die Vollen gingen. In den folgenden Jahren boten sie sich oft willige an, wenn andere Banken zögerten, mit windigen Gesellen der neuen russischen Geschäftswelt einen Deal zu machen. Später entwickelte sich Credit Suisse zu einer bevorzugten Adressen für russische Oligarchen, die ihr Barvermögen ins Ausland transferieren wollten. Heute hält die wacklige Bankengruppe mehr russische Gelder als jedes andere Institut in der Schweiz oder in Deutschland. Das gilt auch für den viel größeren Lokalrivalen UBS, der Credit Suisse nun übernimmt. Viele Oligarchen blicken mit einiger Sorge auf die Turbulenzen in Zürich – und hoffen auf die finale Rettung der Bank. Denn an ihr Geld kommen sie vorläufig nicht heran.
Privatbank Credit Suisse in der Krise
Die Schweiz hat insgesamt 46,1 Mrd. Franken an russischen Aktiva gesperrt. 17,6 Mrd. Franken davon entfallen auf Credit Suisse – mehr als ein Drittel. Auch in Russland selbst gehört die Bank zu den großen Mitspielern. Verlassen kann sie das Land nicht, weil Wladimir Putin den Rückzug von westlichen Banken verboten hat. Immerhin ist es der Bank in den letzten Monaten gelungen, ihr Kreditgeschäft in Russland deutlich zurückzufahren. Ein Teil der 125 Mitarbeiter ging in Zwangsurlaub.
Für globale Banken konnte man in den letzten Jahren eine Faustregel aufstellen: Wer sich auf Geschäfte mit Russlands Oligarchen einließ, der demonstrierte ein sehr hohes Maß an Risikoappetit. Und sandte damit ein deutliches Warnsignal an alle Anleger. Ein gutes Beispiel dafür war die Deutsche Bank, die sich nach illegalen Geschäften in Moskau zahlreiche Strafen der Aufsichtsbehörden einfing. Erst als sie sich eine blutige Nase geholt hatte, zog das Kreditinstitut Konsequenzen.
Das sind die größten Verlierer der westlichen Sanktionen

Der ehemalige Besitzer der FC Chelsea ist der Prototyp eines russischen Oligarchen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nutzte er seine Kontakte in die Politik und konnte ein verzweigtes Firmenimperium aufbauen, indem er ehemals staatliche Unternehmen aufkaufte. Reich wurde Abramowitsch vor allem mit dem Ölkonzern Sibneft, an dem er zeitweise 80 Prozent der Aktien hielt. Hinzu kamen Beteiligungen am Aluminiumkonzern Rusal und der Fluggesellschaft Aeroflot. Von 2000 bis Juli 2008 war er Gouverneur der russischen Region Tschukotka. Einen Großteil seiner Unternehmensanteile verkaufte er Anfang der 2000er Jahre – unter anderem an den halbstaatlichen Konzern Gazprom.
Was früher die Schweiz für die Oligarchen war, ist jetzt Österreich
Man muss sich daher Sorgen machen um einige österreichische Banken, die immer noch jedem Rubel nachhetzen. Das gilt vor allem für die Raiffeisen Bank International (RBI), die mittlerweile mehr Geschäft mit Russland macht als jede andere westliche Bank. Während sich alle Konkurrenten, selbst Credit Suisse, zuletzt um Abbau der russischen Aktiva bemühten, wachsen sie bei RBI ungebremst weiter. Die Bank macht außerordentlich hohe Gewinne in Russland, kann sie momentan aber nicht aus dem Land herausbringen. Nun soll ein Tauschgeschäft mit der Sberbank, der größten russischen Bankengruppe, einen Ausweg eröffnen. Doch RBI gerät damit hart an die Grenzen der Sanktionsregeln. Schon erhöhen die Amerikaner den Druck auf die Österreicher, sich vorsichtiger zu verhalten.

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Was früher die Schweiz für Russlands Oligarchen war, ist jetzt Österreich. Und was früher Banken wie Credit Suisse für sie waren, das ist jetzt RBI. Keine andere Bank ist tiefer mit dem russischen Staat und der russischen Wirtschaft verbunden wie ausgerechnet dieses Kreditinstitut, das aus der alten Genossenschaftsbewegung erwachsen ist. Dort galt das Prinzip: Nur lokale Geschäfte machen, um die Risiken zu minimieren. Das RBI noch den Namen Raiffeisen führt, kann man daher nur als Treppenwitz der Geschichte bezeichnen.
Dieser Artikel erschien zuerst Capital.