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Pleiten, Spione, Thunfische Die Skandale, die Credit Suisse ruinierten

Eine Gesamtansicht zeigt die Hauptsitze der Schweizer Banken Credit Suisse (r) und UBS (l) am Paradeplatz.
Die Credit Suisse wird von ihrem Erzrivalen UBS übernommen. Schon seit Jahren stolperte die Bank von einem Skandal in den nächsten. 
© Michael Buholzer/KEYSTONE/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Nach 166 Jahren endet die Geschichte von Credit Suisse. Das Zürcher Finanzinstitut wurde von ihrem Erzrivalen UBS übernommen. Seit Jahren stolpert die hoch angesehene Bank von einem Skandal in den nächsten. Zuletzt flohen die Kunden in Scharen und nahmen ihr Geld mit. 
Von Max Borowski

Dieser Artikel erschien zuerst bei ntv.de.

Es ist gerade einmal zehn Jahre her und es scheint doch ein anderes Zeitalter für die Credit Suisse gewesen zu sein: Anfang des vergangenen Jahrzehnts wurde die Schweizer Großbank dreimal hintereinander als beste Privatkundenbank der Welt ausgezeichnet. Das Zürcher Traditionshaus hatte im Vergleich zu vielen Konkurrenten die globale Finanzkrise relativ gut überstanden und galt als der Partner schlechthin, dem die Reichen und Superreichen weltweit ihr Vermögen anvertrauten. Nach einer ganzen Reihe von Skandalen ist von diesem Prestige, dem Vertrauen der Kunden und teilweise von deren Geld nicht mehr viel übrig. Um dem Zusammenbruch zuvorzukommen, übernimmt Erzrivale UBS in einem staatlich unterstützten Deal die Credit Suisse.

Für das vergangene Jahr verbuchte Credit Suisse nicht nur einen Rekordverlust. Kunden zogen Gelder im Umfang von mehr als 100 Milliarden Franken ab. Ein Ende dieser Abflüsse war bis zuletzt nicht absehbar. Nachdem die Bank einräumen musste, dass die Kontrolle ihrer Finanzberichte sowohl 2022 als auch 2021 erhebliche Mängel aufweist und die Anforderungen sowohl der Bilanzprüfer als auch von Aufsichtsbehörden nicht erfüllen, ging der Aktienkurs zunächst auf Sinkflug und stürzte schließlich auf ein Rekordtief ab. Am Wochenende schließlich wurde auf Druck der Schweizer Regierung, der Notenbank und der Finanzaufsicht das endgültige Ende der Credit Suisse besiegelt.

Wie konnte der einstige Stolz der Schweizer Finanzbranche so tief sinken? Ein Überblick über einige der Skandale, die die Credit Suisse in den vergangenen Jahren erschütterten:

Spygate

Bankchef Tidjane Thiam und der ehrgeizige aufstrebende Star der Vermögensverwaltung der Credit Suisse, Iqbal Khan, geraten nach und nach immer mehr in Konflikt. Spektakulär und für die Öffentlichkeit belustigend ist ihr Nachbarschaftsstreit um die Millionenvillen am Genfer See. Es geht unter anderem um Baustellenlärm und Bäume, die die Sicht auf den See behindern. Auf einem Neujahrsempfang 2019 eskaliert der Streit offen, auch die Ehefrauen sollen beteiligt sein. Schließlich verlässt der frustrierte Khan Credit Suisse und wechselt zum Erzrivalen UBS. In Sorge, dass der Manager Geschäftsgeheimnisse, Kunden und vor allem talentierte Mitarbeiter zur Konkurrenz mitnehmen könnte, lässt Credit Suisse Khan von Privatdetektiven beschatten. Die stellen sich aber so unprofessionell an, dass der observierte Banker seine Verfolger bemerkt und sie direkt konfrontiert. Es kommt zu einem Handgemenge, die Polizei wird eingeschaltet und die ganze Sache fliegt auf. Bankchef Thiam bestreitet, die illegale Beschattungsaktion beauftragt oder davon gewusst zu haben. Die Episode inklusive der nachfolgenden Prozesse verursacht allerdings tiefe Risse in der seriösen Fassade der Bank.

Wie sich in den folgenden Jahren herausstellte, liefen hinter den Kulissen allerdings schon lange teils sogar kriminelle Geschäfte. 2020 kam ans Licht, dass bulgarische Drogenschmuggler jahrelang ihr Geld bei der Credit Suisse gewaschen hatten. Sowohl die Bank als auch ein zuständiger Mitarbeiter wurden später dafür verurteilt. Aufsehen erregte das fast komplette Fehlen beziehungsweise Nichtbeachten von Maßnahmen gegen Geldwäsche in dem Fall, der sich mindestens von 2004 bis 2007 hingezogen haben soll.

Greensill-Pleite

Der Zusammenbruch der britischen Finanzfirma Greensill Capital 2021 war für sich genommen schon ein Skandal. Für die Credit Suisse wurde die Pleite des Lieferkettenfinanziers allerdings zu einem eigenen Fiasko. Mitarbeiter der Bank hatten ihren vermögenden Kunden Greensill-Anleihen in Milliardenumfang geradezu aufgedrängt, ohne sie über die damit zusammenhängenden Risiken zu informieren.

Archegos Zusammenbruch

Ebenfalls 2021 schockiert die Implosion des Hedgefonds Archegos den Finanzmarkt weltweit. Fondseigner Bill Hwang hatte extrem riskant mit einem hohen Verschuldungsgrad spekuliert und so zeitweise ein Vermögen von 36 Milliarden Dollar aufgebaut. Durch Kurschwankungen an der Börse brach das Kartenhaus am Ende aber innerhalb kürzester Zeit zusammen. Dabei stellte sich heraus: Keine Großbank hatte Hwang bei seiner Finanzjonglage so unterstützt wie Credit Suisse. Die Bank blieb auf mehr als fünf Milliarden Dollar Verlust sitzen. Eine unabhängige Untersuchung bescheinigte ein grundlegendes Versagen beim Risikomanagement und der entsprechenden Kontrollmechanismen der Investmentbanking-Sparte.

Thunfisch-Bonds

Mehr als eine Milliarde Dollar sammelte Credit Suisse zwischen 2012 und 2016 von Investoren für Anleihen ein, mit denen das bitterarme Mosambik angeblich eine Thunfisch-Fangflotte aufbauen wollte. Ein erheblicher Teil des Geldes kam allerdings nie in Mosambik an. Rund 50 Millionen flossen in die Taschen von Credit-Suisse-Mitarbeitern. Der Skandal trieb Mosambik in eine tiefe Finanzkrise. Die Anleihe-Anleger verloren Hunderte Millionen Dollar. Die Thunfisch-Bonds kostete auch Credit Suisse schließlich Hunderte Millionen Dollar an Schadensersatzzahlungen und Strafen.

Credit Suisse Secrets

Unter dem Namen Suisse Secrets enthüllte die "Süddeutsche Zeitung" im vergangenen Jahr Informationen aus einem Datenleck mit Informationen über Zehntausende Credit-Suisse-Kunden, darunter bekannte Verbrecher, Diktatoren und Steuerflüchtlinge. Die Berichte sorgten weltweit für Empörung.

Außer mit hausgemachten Skandalen hat die Credit Suisse wie alle Banken mit den Folgen der globalen Krisen und dabei vor allem des Kriegs in der Ukraine zu kämpfen. Sanktionen gegen russische Superreiche treffen auch Credit-Suisse-Kunden. Die größte Herausforderung für die Bank ist es jedoch, das Vertrauen der Kunden wiederzugewinnen. Voraussetzung dafür wäre ein Ende der Skandalserie und damit ein konsequenter Kurswechsel bei der Bank. Der ist trotz aller Beteuerungen des in den vergangenen Jahren mehrfach ausgewechselten Managements nicht in Sicht. Das Eingeständnis der mangelhaften Finanzberichte für die vergangenen beiden Jahre ist das jüngste Beispiel.

jhe/ntv.de

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