Erste Hürde zum Sparpaket genommen Italiens Plan gegen die Pleite

Mit drastischen Sparmaßnahmen will die italienische Regierung aus dem Schuldensumpf kommen. Rentner Autofahrer und Beamte sollen kürzer treten. Jetzt muss noch das Abgeordnetenhaus sein Okay geben.

Italien macht ernst: Mit einem 79 Milliarden Euro schweren Sparplan für die kommenden dreieinhalb Jahre will die Regierung das Land aus der Krise führen. Geplant sind Sparmaßnahmen von drei Milliarden im laufenden Jahr, sechs Milliarden 2012, 25 Milliarden 2013 und 45 Milliarden 2014. So soll das Haushaltsdefizit bis 2014 auf 0,2 Prozent des Bruttosozialprodukts gesenkt werden. Unter dem Druck von Märkten und EU hat Wirtschaftsminister Giulio Tremonti die vor knapp zwei Wochen vorgestellten Sparmaßnahmen noch in letzter Minute verschärft. Zuvor sollten noch 47 Milliarden Euro weniger ausgegeben werden.

Eingespart werden soll unter anderem im öffentlichen Dienst. Vorgesehen sei dort zum Beispiel ein Einfrieren der Gehälter, strengere Regeln für Krankschreibungen und Personalreduzierungen. Im Gesundheitswesen sollen bereits ab Montag Gebührenerhöhungen in Kraft treten: So muss etwa in Zukunft bei leichteren Fällen in der Notaufnahme von Krankenhäusern bezahlt werden.

Auch die Renten sind von den Sparmaßnahmen betroffen. Auf hohe Renten (ab 90.000 Euro im Jahr) soll ab 2012 eine Solidaritätssteuer von 5 bis 10 Prozent erhoben werden. Der Eintritt ins Rentenalter werde in den kommenden drei Jahren stufenweise nach hinten verschoben: Für die Beschäftigten, die 2012 in Rente gehen (Frührentner eingeschlossen), um einen Monat, für Rentner von 2013 jeweils um zwei und Rentner von 2014 um drei Monate.

Zudem sollen die Verbrauchssteuern auf Benzin angehoben werden. Bestehende Steuererleichterungen sollen ab Mitte 2013 um 5 bis 10 Prozent gekürzt werden.

70 Prozent der süditalienischen Staatsbetriebe schreiben rote Zahlen

Große Kürzungen sind auf regionaler und kommunaler Ebene vorgesehen. Übersetzt heißt das zunächst einmal weniger staatliche Leistungen. So sollen unter einer bestimmten Einwohnerzahl Dienstleistungen wie Kindergärten, Schulen und öffentliche Transportmittel zusammengelegt werden. In kleinen Kommunen soll abgabenmäßig aber auch virtuelle Zusammenarbeit und positive Haushaltung belohnt werden. Einnahmen für die Zukunft verspricht sich Italiens Wirtschaftsminister Giulio Tremonti dabei auch von Privatisierungen, zu denen zunächst auf kommunaler Ebene ermuntert werden solle. Nach jüngsten Statistiken schreiben 70 Prozent aller staatlichen Betriebe in Süditalien rote Zahlen. In Mittelitalien seien es 50 Prozent, im Norden des Landes 30. Von einer Privatisierung verspricht sich die Regierung Einnahmen von 30 bis 35 Milliarden Euro.

Abgeordentenhaus muss noch zustimmen

Die erste Hürde zum Sparkpaket ist bereits genommen: Der italienische Senat hat dem Plan von Silvio Berlusconi zugestimmt. Bei 161 Ja- und 135 Nein-Stimmen sowie drei Enthaltungen nahm das Oberhaus in Rom die milliardenschweren Sparmaßnahmen an, mit denen die Regierung das Vertrauen der Märkte in die Kreditwürdigkeit des hochverschuldeten Staates zu sichern hofft. Am Freitag muss nun noch das Abgeordnetenhaus den Maßnahmen zustimmen.

Die Regierung hatte das verschärfte Sparpaket mit einer Vertrauensabstimmung verknüpft. Die Opposition hatte, um das Sparpaket möglichst rasch zu verabschieden, darauf verzichtet, Änderungsanträge einzubringen. Allerdings stimmte sie bei dem Votum am Donnerstag gegen das Paket und forderte den Rücktritt der Regierung.

Nach Griechenland hat Italien - bei strukturellen Defiziten und niedrigem Wachstum - den zweithöchsten Schuldenstand im Euroland. Nach letzten Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird dieser 2011 auf 120,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen.

Rekordzinsen für Anleihen

Inzwischen muss Italien Investoren Rekordzinsen für langfristige Anleihen zahlen. Der Mittelmeerstaat platzierte am Donnerstag Schuldtitel im Gesamtumfang von knapp fünf Milliarden Euro und erreichte damit weitgehend das angestrebte Volumen. Jedoch musste das ins Visier der Märkte geratene Land den Anlegern für 15-jährige Papiere eine bislang nie dagewesene Rendite von 5,9 Prozent bieten. Allerdings war die Anleihe fast 1,5-fach überzeichnet. Bei den noch stärker nachgefragten fünfjährigen Anleihen stieg der Zins auf den höchsten Stand seit rund drei Jahren.

Die Börse am Finanzplatz Mailand drehte nach den Anleiheplatzierungen ins Minus. "Die Refinanzierungskosten sind in jüngster Zeit in einem unhaltbaren Tempo gestiegen. Daher kommt es entscheidend darauf an, dass das Sparpaket durchkommt", sagte Ökonom Orlando Green von Credit Agricole.

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fro/AFP/DPA