Europäischer Gerichtshof Auch Tote haben Recht auf Urlaub

Bis zu seinem Tod hatte ein Mann 140 Tage Urlaub angesammelt. Seine Witwe verlangte dafür finanziellen Ausgleich - und erhielt Recht vom Europäischen Gerichtshof.

Mit dem Tod verliert ein Arbeitnehmer nicht das Recht auf bezahlten Jahresurlaub. Für die freien Tage, die der Verstorbene nicht mehr nehmen konnte, kann die Witwe einen finanziellen Ausgleich verlangen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg entschieden.

Nationale Gesetze oder "Gepflogenheiten", wonach der Urlaubsanspruch "untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet", seien mit dem EU-Recht nicht vereinbar, befanden die höchsten EU-Richter. Der Anspruch auf bezahlten Urlaub sein "ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts".

Finanzieller Ausgleich für Witwe

Der EuGH antwortete mit seinem Urteil auf eine Anfrage des Landesarbeitsgerichts in Hamm (Nordrhein-Westfalen). Dieses muss über den Fall eines Arbeitnehmers entscheiden, der seit 1998 bei einem Unternehmen beschäftigt war. Wegen Krankheit war er von 2009 an nur noch mit Unterbrechungen arbeitsfähig. Als er im November 2010 starb, hatte er 140,5 Tage Jahresurlaub angesammelt. Seine Witwe verlangte für diesen Urlaubsanspruch einen finanziellen Ausgleich.

Das Gericht verwies darauf, dass ein Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf bezahlten Urlaub hat, wenn dieser vor dem Verlassen eines Unternehmens angefallen ist. Auch wer wegen einer Krankheit gar keinen Urlaub nehmen könne, habe bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Recht auf einen finanziellen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub.

Mit einem "finanziellen Ausgleich im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod" werde "die praktische Wirksamkeit des Urlaubsanspruchs" sichergestellt, urteilte der Europäische Gerichtshof: "Der unwägbare Eintritt des Todes des Arbeitnehmers darf nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen." Der Anspruch auf finanzielle Abgeltung hänge auch nicht ab, dass der Betroffene zuvor einen entsprechenden Antrag gestellt hat.

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kis/DPA