Finanzkrise US-Regierung rettet AIG

Gute Nachricht für die weltweiten Finanzmärkte: Nach einer dramatischen Wende hat die US-Notenbank dem schwer angeschlagenen Versicherungsriesen AIG einen Kredit von 85 Milliarden Dollar zugesagt. Im Gegenzug übernimmt die Regierung in Washington den Konzern zu 80 Prozent. Der Dow Jones und die asiatischen Börsen reagierten mit deutlichen Kursgewinnen.

Die US-Notenbank Fed rettet den ums Überleben kämpfenden Versicherungskonzern American International Group (AIG) mit einem Kredit in Höhe von 85 Milliarden Dollar (60 Milliarden Euro). Im Gegenzug erhält die US-Regierung einen Anteil von 79,9 Prozent an AIG, erklärte die Fed am Mittwoch in New York. Ein Bankrott des Versicherers könne die wegen der Finanzmarktkrise bereits angeschlagenen Märkte untergraben, begründete die Fed ihre Entscheidung.

Mit der überraschenden staatlichen Rettungsaktion wollen US-Regierung und Notenbank die Finanzkrise eindämmen. Die drohende Pleite des weltweit zweitgrößten Versicherungskonzerns hätte die globalen Finanzmärkte in weitere schwere Turbulenzen gestürzt. AIG war wegen Milliardenverlusten im Zuge der Kreditkrise in akute Kapitalnot geraten. Die Aktie des Versicherers verlor seit Jahresbeginn mehr als 90 Prozent ihres Werts.

Regierung und Notenbank hatten bis zuletzt staatliche Hilfen für AIG immer wieder ausgeschlossen. Eine konzertierte Rettungsaktion innerhalb der Branche durch andere Versicherer und Banken sei aber nicht zustande gekommen, berichtete etwa die "New York Times" unter Berufung auf Verhandlungskreise.

Schon kurz vorher hatten US-Medienberichte über mögliche staatliche Hilfen für positive Reaktionen an den Finanzmärkten gesorgt: Die amerikanischen Börsen schlossen nach einer wilden Achterbahnfahrt im Plus. Der Dow-Jones-Index stieg um 1,30 Prozent auf 11.059 Punkte.

Für weitere Aufhellung sorgte die zweitgrößte US-Investmentbank Morgan Stanley, die nach Börsenschluss vergleichsweise gute Zahlen vorlegte. Der Überschuss lag demnach Ende August abgeschlossenen dritten Geschäftsquartal bei 1,4 Milliarden Dollar und damit nur acht Prozent unter dem Vorjahr. Die Bekanntgabe der Zahlen war eigentlich erst für Mittwoch geplant. Angesichts der jüngsten Turbulenzen bei Wettbewerbern wie Lehman Brothers und Merrill Lynch hatte sich die Bank aber zur früheren Veröffentlichung entschlossen.

Barclays kauft Teile von Lehman

Gute Nachrichten kommen auch von der britischen Bank Barclays. Sie kauft Medienberichten zufolge Teile der insolventen amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers. Durch die Übernahme für rund zwei Milliarden Dollar (1,4 Milliarden Euro) könnten rund 9000 Lehman-Beschäftigte unter dem Dach von Barclays ihren Job behalten, berichtete das "Wall Street Journal Online". Insgesamt zählte Lehman zuletzt rund 25.000 Mitarbeiter. Der Kauf müsse noch vom Insolvenzgericht abgesegnet werden, hieß es weiter. Die Übernahme umfasse das Investmentbanking von Lehman in den USA sowie das Kapitalmarktgeschäft.

Nach dem "schwarzen Montag" an den internationalen Finanzmärkten erholten sich die Börsen bis Mittwochmorgen von ihren anfänglichen Verlusten. Nach den lateinamerikanischen Finanzmärkten, die schon am Dienstagabend etwas Aufwind registriert hatten, zogen am Morgen auch die asiatischen Börsen nach oben. Unter anderem notierte in Tokio der Nikkei für 225 führende Werte zur Halbzeit einen deutlichen Aufschlag von 241,06 Punkten. Zuvor hatte die japanische Zentralbank noch weitere zwei Billionen Yen, umgerechnet 13,2 Milliarden Euro, in den Geldmarkt des Landes gepumpt.

Die Pleite von Lehman Brothers hat derweil auch Auswirkungen auf deutsche Banken. Die Insolvenz kostet die bundeseigene KfW-Bank einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zufolge vermutlich einen dreistelligen Millionenbetrag. Die KfW habe Engagements mit Lehman im mittleren dreistelligen Millionenbereich bestätigt, schreibt das Blatt. Mögliche Ausfälle bedrohten jedoch weder die Existenz der Bank noch deren Förderfähigkeit, sagte ein Sprecher.

Milliarden-Belastungen für Einlagensicherungsfonds befürchtet

Auf den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) rollt unterdessen nach einem Bericht des "Handelsblatts" der bislang größte Schadensfall der deutschen Wirtschaftsgeschichte zu. Der Kollaps von Lehman Brothers könnte den Sicherungsfonds laut Finanzmarktkreisen mit bis zu sechs Milliarden Euro belasten, weil die deutsche Tochter der Entschädigungseinrichtung mit einer Deckungssumme in dieser Höhe angeschlossen sei, schreibt das Blatt.

Der BdB wollte die Schadenssumme im Fall Lehman Brothers weder bestätigen noch dementieren. Anleger in Deutschland müssen aufgrund der aktuellen Finanzmarktturbulenzen jedoch keine Sorge um ihre Ersparnisse haben, erklärte der Verband. Die Sicherungssysteme hierzulande griffen, die Banken seien robust. Die Gesamtverbindlichkeiten von Lehman in Deutschland belaufen sich auf 14,3 Milliarden Euro.

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