Der KarstadtQuelle-Konzern ist einem Bericht entschieden entgegengetreten, seine Großaktionäre wollten den Handelsriesen von der Börse nehmen und hätten einer US-Investmentbank bereits ein Mandat für ein Abfindungsangebot vergeben. Im Aufsichtsrat des Konzerns hieß es, über solche Pläne sei nichts bekannt. "Das sind reine Spekulationen, wie wir sie in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder erlebt haben", sagte Konzernsprecher Jörg Howe dazu. "Goldman Sachs hat kein Mandat, ein Abfindungsangebot für die freien Aktionäre vorzubereiten", betonte er und widersprach damit einem Bericht der "Financial Times Deutschland" (FTD). Spekulationen, ein anderes Geldhaus habe den Auftrag zur Vorbereitung einer Offerte erhalten, dementierte er ebenfalls entschieden: "Ein solches Mandat ist auch nicht an eine andere Bank vergeben worden."
Verkauf weiterer Kaufhäuser dementiert
Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" hätten die Großaktionäre des Essener Handelskonzerns geplant, das Unternehmen von der Börse zu nehmen. Das sei auch der Hintergrund, warum die Investmentbank Goldman-Sachs beauftragt worden sei, ein Abfindungsangebot für die freien Aktionäre vorzubereiten, wie das Blatt ohne Quellenangabe am Dienstag berichtete. Karstadt-Sprecher Jörg Howe widersprach allerdings dieser Darstellung. Gleichzeitig dementierte er Angaben, dass das Unternehmen den Verkauf von 30 weiteren Warenhäusern prüfe. Auch der stellvertretende Vorsitzende des KarstadtQuelle-Aufsichtsrats, Wolfgang Pokriefke, erklärte, er habe keinerlei Erkenntnisse über einen möglichen Rückzug des Handelskonzerns von der Börse. "Mir ist nichts bekannt", sagte er. Ein solcher Rückzug von der Börse sei auch nicht im Aufsichtsrat erörtert worden.
Die "Financial Times Deutschland" hatte berichtet, der Rückzug von der Börse sei schon seit längerem geplant. Hintergrund seien möglicherweise Pläne von Großaktionärin Madeleine Schickedanz, nach der Sanierung den Konzern aufspalten. Denn die Einzelteile seien mehr wert als das Unternehmen heute insgesamt. Außerdem habe die 1999 erfolgte Fusion von Quelle und Karstadt nicht die gewünschten Einspareffekte gebracht, so dass ein Verbleib des Versandhandels und der Warenhäuser unter einem Dach ohnehin wenig sinnvoll erscheine.
Quelle-Erbin hält angeblich fast 63 Prozent der Aktien
Schickedanz hat ihre Beteiligung am Essener Konzern nach Angaben der Zeitung in den vergangenen Monaten schrittweise auf rund 58 Prozent aufgestockt. Laut FTD hält allein die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz bereits seit den laufenden Aktienkäufen im November rund 63 Prozent. Ein Vertreter des Schickedanz-Pools wollte den Bericht nicht kommentieren. "Dazu kann ich nichts sagen", betonte Pool-Vertreter Hans-Jürgen Prohaska.
Der Pool hatte in der Vergangenheit seinen Anteil an KarstadtQuelle immer wieder aufgestockt. Prohaska hatte dazu in der Vergangenheit lediglich gesagt, die Käufe zeigten, dass die Schickedanz-Familie das Restrukturierungskonzept des KarstadtQuelle-Managements unterstütze. Zusammen mit weiteren Investoren aus dem Umkreis der Privatbank Sal. Oppenheim, sowie dem Paket der Allianz und den von Karstadt selbst gehaltenen Papieren hielten die Investoren sogar bereits mehr als 90 Prozent der Anteile, hieß es unter Berufung auf Unternehmenskreise. Karstadt-Chef Thomas Middelhoff hatte allerdings Pläne zur Zerschlagung des Konzerns immer wieder entschieden bestritten.
Erst am Montag hatte der Manager eine positive Bilanz der bisherigen Sanierungsarbeiten gezogen. Erstmals seit zehn Jahren habe KarstadtQuelle im Weihnachtsgeschäft in seinen Warenhäusern den Umsatz steigern können. "Damit ist es uns gelungen, die Negativ-Spirale der letzten Jahre zu stoppen und eine Trendumkehr zu erreichen", sagte Middelhoff. Insgesamt habe der Konzern 2005 einen Umsatz von rund 15,7 Milliarden Euro erzielt und damit sein selbst gestecktes Jahresziel erreicht, betonte er. "Damit fühlen wir uns auch mit unserer Ergebnisprognose eines bereinigten Ebitda von mehr als 350 Millionen Euro - ohne Berücksichtigung von Thomas Cook - sehr wohl."
Bei der Reduzierung der Nettofinanzverbindlichkeiten sei der Konzern schneller vorangekommen als geplant. "Wir gehen nunmehr von einem Abbau auf unter 2,6 Milliarden Euro zum Jahresende 2005 aus", sagte der Manager. Sorgenkind bleibt allerdings der Versandhandel, bei dem die Umsätze nach wie vor stark rückläufig sind.
HVB stuft Karstadt auf "Neutral" hoch
Die brodelnde Gerüchteküche hatte auch Auswirkungen auf die Aktienmärkte. Das Angebot an die freien Aktionäre könne bei 15 bis 16 Euro liegen, hieß es in der FTD. Am Montag hatte die zuletzt stark gefragte Aktie bei 15,53 Euro geschlossen. Am Dienstag legten die Papiere zunächst um 5,5 Prozent auf 16,36 Euro zu. Angesichts der Stellungnahmen des Konzerns und des Aufsichtsrats drehten sie aber ins Minus und notierten bei 15,44 Euro.
Die Analysten der HVB haben die Aktien von KarstadtQuelle auf "Neutral" von "Underperform" hochgestuft. Das Kursziel werde auf 15,50 von 10,50 Euro angehoben, teilten die Experten am Dienstag in München mit. Sie begründeten ihre Entscheidung mit einem möglichen Abfindungsangebot der Großaktionäre für die Minderheitseigner. Eine derartige Offerte und einen anschließenden Rückzug des Einzelhandelskonzerns von der Börse bezeichneten sie als realistisch. Die im Nebenwerte-Index MDax gelisteten Karstadt-Titel notierten 0,3 Prozent im Minus bei 15,48 Euro.