Diese Zahlen legte das Statistische Bundesamt am Dienstag in Berlin in einer detaillierten Aufstellung der Krankheitskosten in Deutschland vor. Von der viel beschworenen "Kostenexplosion" im Gesundheitswesen ist aber nach Angaben der Statistiker noch nichts zu spüren.
Kostenexplosion noch nicht spürbar
Der Anteil der Gesundheitskosten am Bruttoinlandsprodukt stieg demnach zwischen 1992 und 2002 nur unwesentlich von 10,1 auf 11,1 Prozent. In den nächsten Jahren könnte sich das allerdings ändern: Schon heute fallen für die über 65-Jährigen, die rund 17 Prozent der Bevölkerung ausmachen, knapp 43 Prozent der Krankheitskosten an, wie der Präsident des Bundesamts, Johann Hahlen, darlegte. Der Anteil dieser Altersgruppe soll sich bis 2050 verdoppeln.
Ins Gewicht fallen auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Frauen verursachen fast über den gesamten Lebenszyklus hinweg deutlich mehr Kosten als Männer, nämlich durchschnittlich 3.160 Euro pro Kopf und Jahr im Vergleich zu 2.240 Euro beim Durchschnittsmann. Gleichzeitig leben Frauen länger - in der Bevölkerung über 85 Jahre machen sie drei Viertel aus. Und gerade diese Altersgruppe benötigt mit Gesundheitskosten von 12.430 Euro pro Kopf besonders viel Hilfe, wie Hahlen erklärte.
Frauen verursachen deutlich mehr Kosten als Männer
Was diese Trends genau für die Gesundheitskosten der Zukunft bedeuten, wollte der Chefstatistiker allerdings nicht prognostizieren: "Der gute Prophet wartet die Ereignisse ab." Die detaillierte Krankheitskosten-Statistik soll künftig alle zwei Jahre vorgelegt werden, also zum nächsten Mal Mitte 2006.
Derzeit größter Kostenfaktor sind mit 35,4 Milliarden Euro oder 15,8 Prozent Krankheiten des Kreislaufsystems. Als Nummer zwei folgten 2002 Störungen des Verdauungssystems mit 30,1 Milliarden Euro. Dazu zählen allerdings auch Zahn- und Zahnersatzbehandlungen, die zusammen allein 18,6 Milliarden Euro ausmachten. An dritter Stelle bei den Kostentreibern lagen Muskel-Skelett-Erkrankungen, für deren Heilung 25,2 Milliarden Euro ausgegeben wurden - etwa so viel wie die gesamten Investitionen des Bundes beispielsweise für Autobahnen oder Forschung im vergangenen Jahr.
400.000 Fehljahre wegen Rückenschmerzen
Immerhin jeder zehnte Euro - 22,4 Milliarden insgesamt - wurde für die Behandlung von psychischen Störungen oder Krankheiten aufgewendet. Viel Geld benötigt zudem die Behandlung von Krebs und gutartigen Geschwulsten (14,7 Milliarden Euro) sowie Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (12,9 Milliarden Euro). Mit 108 Milliarden Euro blieb knapp die Hälfte der Gesamtausgaben in der ambulanten Behandlung, also beim Arzt, Zahnarzt oder in der Apotheke, der Rest bei der Versorgung in Krankenhäusern und Heimen.
Die Zahlen geben Hahlen zufolge nur die direkten Behandlungskosten wieder, die Krankenversicherungen und Privatleute begleichen mussten. Die indirekte Belastung der Volkswirtschaft durch verlorene Arbeitszeit bezifferten die Statistiker nicht in Euro und Cent, sondern in Jahren: Demnach summierten sich die Arbeitsausfälle auf 5,1 Millionen Jahre, knapp 25 Prozent davon nach Unfällen. Wegen Rückenschmerzen konnten der Statistik zufolge 400.000 Erwerbsjahre nicht abgearbeitet werden. (AP)