Im gesamten vorigen Geschäftsjahr hatte Karstadt operativ einen Verlust von 272 Mio. Euro erlitten. Für den Gesamtkonzern ist die Gesundung der Warenhäuser ein wichtiges Argument, um eine rasche Zerschlagung und Abwicklung abzuwenden. Der Generalbevollmächtigte Horst Piepenburg arbeitet an einem Plan zur Fortführung des insolventen Unternehmens. In den nächsten Tagen will er Gläubiger und Insolvenzgericht von seinem Konzept überzeugen.
Dafür muss er belegen, dass es gute Aussichten für ein abgespecktes Gesamtunternehmen gibt. Der Fall Arcandor gilt als Härtetest für das sogenannte Insolvenzplanverfahren: Erstmals würde es bei einem Großkonzern angewendet.
Die neuen Zahlen gehen aus dem Gutachten über den gescheiterten Bürgschaftsantrag des Unternehmens hervor. Die Wirtschaftsprüfungsfirma PricewaterhouseCoopers (PwC) hatte für die Expertise Zugriff auf sämtliche Daten Arcandors. Der Konzern will die Resultate erst am 18. Juni veröffentlichen.
PwC lobt die Geschäftsentwicklung. "Bezogen auf die Umsatzrendite zeigt sich bei Karstadt ein klar positiver Trend", heißt es in dem Gutachten. Ihre Skepsis bezüglich der Kreditbürgschaft über 650 Millionen Euro begründen die Wirtschaftsprüfer vor allem mit dem fehlenden Kapitalpuffer: Arcandor verfüge "nach den Restrukturierungsaktivitäten der vergangenen Jahre mittlerweile über keine freie Substanz mehr".
Bei Quelle läuft es schlechter
Im zweiten operativen Kerngeschäft Arcandors, dem unter Primondo zusammengefassten Versandhandel mit der Hauptmarke Quelle, sieht es schlechter aus. Allein in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahrs lief ein operativer Verlust von 57 Millionen Euro auf.
Die PwC-Gutachter zweifeln an Primondos Planzahlen. Die Konzernstrategen rechnen nach einem operativen Verlust (Ebitda) im laufenden Jahr mit einem Gewinn von mehr als 300 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2013/14. Wachstumstreiber sollen Osteuropa und vor allem Russland sein. "Insbesondere in Russland geht Primondo dabei von Wachstumsraten aus, die deutlich oberhalb des prognostizierten Anstiegs der privaten Konsumausgaben (...) liegen", schreibt PwC.
Das Gutachten macht zudem deutlich, dass sich Arcandors Hoffnungen auf eine Staatsbürgschaft schon Ende Mai - und damit rund drei Wochen vor der endgültigen Entscheidung zu Beginn dieser Woche - rapide verschlechtert hatten: Bereits am 19. Mai ließ der Senat von Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am KaDeWe-Standort Berlin PwC übermitteln, sein Land werde sich nicht an einer Bürgschaft beteiligen.