Nun hat es die Axel Springer AG schwarz auf weiß: Europas größtes Zeitungshaus ("Bild", "Die Welt") darf Deutschlands größten Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 nicht übernehmen. Das Kartellamt sieht die Gefahr, dass mit dem Kauf ein Imperium entsteht, das den Markt für Boulevardzeitungen beherrscht und zusammen mit dem Medienkonzern Bertelsmann und seiner RTL-Gruppe den TV-Werbemarkt dominiert. Nun könnte die Stunde der Gerichte schlagen - oder auch die von Bundeswirtschafsminister Michael Glos (CSU). Springer werde alle Rechtsmittel und Optionen prüfen, hieß es dazu am Montag lapidar aus dem Medienhaus.
Immer lauter werden die Stimmen aus der Union und der Medienwirtschaft, die eine Ausnahmegenehmigung für die Fusion fordern. Auch SPD-Politiker stehen einer "Ministererlaubnis" positiv gegenüber, fordern allerdings gewichtige Zugeständnisse. Dazu gehört der Verzicht auf den Sender ProSieben. Ein solches Angebot hatte Springer dem Kartellamt bereits unterbreitet. Doch die Behörde forderte, der Sender müsse bereits vor einer Übernahme der gesamten TV-Gruppe abgestoßen werden. Springer lehnte unter Hinweis auf das Aktienrecht ab - die Untersagung der Bonner Behörde ließ nur wenige Tage auf sich warten.
Schwierige Entscheidung für Glos
Müsste Glos über die Fusion befinden, wäre dies wohl eine sehr schwierige Entscheidung für den CSU-Minister. "Bild" beherrscht den dem Boulevardmarkt, ProSiebenSat.1, zu der auch 9Live, Kabel eins und N24 gehören, ist zusammen mit der RTL-Gruppe auf dem privaten TV- Markt führend. Eine Ausnahmegenehmigung, wie sie zuletzt im Fall von Eon/Ruhrgas erteilt wurde, dürfte heftige Spannungen in der großen Koalition auslösen.
Vor allem industriepolitische Gründe werden für die Fusion ins Feld geführt. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sprach sich für ein Zusammengehen aus, weil ProSiebenSat.1 nicht in ausländische Hände fallen dürfe. Auch Länderchefs wie Kurt Beck (SPD) aus Rheinland-Pflaz, der Bayer Edmund Stoiber (CSU) sowie die Intendanten Fritz Pleitgen (WDR) und Markus Schächter (ZDF) plädieren für eine Erlaubnis. In der Medienwelt werden Stimmen für eine "nationale Lösung" laut. Die Gruppe gehört derzeit Ausländern - nämlich den Investoren um den amerikanischen Milliardär Haim Saban.
Ob die Kartellamts-Entscheidung ein Zwischenspiel ist, bleibt abzuwarten
"Siege, wenn Du kannst, verliere, wenn Du musst, kapituliere nie" hatte Springer Vorstandschef Mathias Döpfner die Marschroute im TV-Projekt ausgeben. Ob die Kartellamts-Entscheidung ein Zwischenspiel ist, bleibt abzuwarten. Allerdings gibt es da noch das Veto der Medienfusionskontrolle KEK, die bereits eine Übernahme aus Furcht vor einer vorherrschenden Meinungsmacht verboten hatte. Doch auch hier haben die Landesmedienanstalten signalisiert, dass sie die Kommissions-Entscheidung kippen könnten.
Wenn Springer der zukunftsweisende Weg versperrt wird, Druckerzeugnisse und Fernsehen unter einem Dach zu vereinen, wolle er das Glück woanders suchen - "in digitalen Märkten und im Ausland", hatte Döpfner erklärt. Auf beiden Gebieten ist Springer bereits erfolgreich. In Polen besitzt Springer mit "Fakt" das auflagenstärkste Boulevardblatt. Auch in anderen osteuropäischen Staaten, in Spanien und Frankreich ist der Verlag mit eigenen Produkten und Lizenzausgaben präsent. Im Internet sieht sich Springer gut aufgestellt. Mit "Bild.T.Online" verfügt das Medienhaus über eine starke Marke.
Esteban Engel/DPA