Neue Billig-Airline Für 100 Euro nach Hong Kong

Von Jan-Arwed Richter
Eine neue Fluglinie aus Fernost will mit Kampfpreisen den Markt für Langstreckenflüge aufmischen. Der für Dienstagabend geplante Jungfernflug endete für Passagiere und Besatzung unerwartet abrupt.

Die 280 Passagiere von Flug 08700 hatten sich über ihr unglaubliches Schnäppchen gefreut: Nur 390 Euro sollte ihr Flug von Hong Kong nach London und zurück kosten. Einige ergatterten gar die Superbillig-Ticktes für 100 Euro. Die gute Stimmung hielt nur wenige Minuten. Kaum eingestiegen, mussten sie schon wieder aussteigen. In letzter Minute soll Russland dem Jungfernflug der weltweit einzigen Billig-Airline für Langstreckenflüge die Überflugrechte verweigert haben. Ohne diese Genehmigung hätten die Maschinen von "Oasis Hong Kong" einen langen Umweg fliegen müssen - der zusätzliche Sprit wäre zu teuer für die Günstig-Airline gewesen.

Ohne die Russen hätte an diesem Abend ein Unternehmen begonnen, das Luftfahrtexperten für schlicht unwirtschaftlich halten: Billige Langstreckenflüge. "Oasis Hong Kong Airlines" ist der weltweit zweite Low-Cost Anbieter für Langstreckenflüge. Den ersten gibt es nicht mehr. In den 70er Jahren versuchte sich Sir Freddie Laker mit seinem "Skytrain" im Transatlantikverkehr. Er wurde von seinen Wettbewerbern in die Pleite getrieben. Seither gelten Langstreckenbilligflüge als wirtschaftliches Hochrisikogebiet.

Billigkontingente bald zurückgefahren

Mit Einstiegspreisen von 100 Euro für den einfachen Flug will Oasis jene Passagiere ködern, die sonst in der Economy Klasse anderer Airlines sitzen. Zunächst in London, dann in Deutschland. Ein typisches Dumpingangebot, wie bei allen klassischen Low-Cost Fliegern. Nur am Anfang in größeren Mengen erhältlich, um die Flugzeuge voll zu machen. Schon bald wird Oasis nach eigener Aussage dieses Angebot auf ein kleineres Kontingent zurückfahren.

Doch auch mit seinen normalen Preisen liegt der Newcomer rund 200 Euro unter den Angeboten seiner Mitbewerber British Airways und Cathy Pacific. Für 390 Euro kommt der Fluggast in die chinesische Metropole und wieder zurück. Vorausgesetzt er bucht frühzeitig. Trotz der Niedrigstpreise würden allen Passagieren zwei warme Mahlzeiten serviert. Auf die Erste Klasse wurde verzichtet, dafür wird es 81 Business Class Sitze geben, die den zwölf Stunden Flug ein wenig bequemer gestalten sollen.

Die Kosten drückt Oasis am Boden. "Maximale Effizienz bei der Flugabwicklung", erklärt Michael Wirth, Chef der IT-Abteilung bei Oasis, die niedrigen Preise. Oasis habe sämtliche Geschäftsbereiche wie Wartung und das Reservierungssystem an Dritte Anbieter vergeben, sagte der frühere Siemens Marketing Manager.

Ab 2007 in Deutschland

Noch 2007 möchte Oasis auch in Deutschland landen. Die Flughäfen Köln/Bonn und Berlin-Schönefeld, beides Airports mit viel Erfahrung im Günstigflugsegment, stehen nach Auskunft der Fluggesellschaft ganz oben auf der Liste für den nächsten Expansionsschritt. Preise für den deutschen Markt hat Oasis nicht bekannt gegeben. Sollte die Billig-Airline ein ähnliches Niveau halten können, würde sie das günstigste Lufthansa-Ticket um 300 Euro unterbieten.

"Wir verkaufen jeden Tag 1100 Tickets", so ein Sprecher der Airline. Für Premium-Gesellschaften eine winzige Anzahl, für Oasis bedeutet es Wochen im Voraus ausgebuchte Maschinen. Die neue Fluglinie hat nur zwei Flugzeuge, ältere Boeing 747-400 Jumbo Jets, die bis Juli noch im Dienst der Singapore Airlines standen. Jeder Jet bietet Platz für 359 Passagiere, eine sehr geringe Kapazität. Die KLM zwängt in den gleichen Flugzeugtyp 400 Kunden.

Experten sehen in Airline ein interessantes Experiment

Luftfahrtkenner betrachten den Neuling aus China eher als ein interessantes Experiment. Geschäftsreisende, so die Annahme, würden wohl einen Bogen um die neue Airline machen. Sie müssten Abstriche beim Serviceangebot hinnehmen und hätten durch den übersichtlichen Flugplan keine Flexibilität bei Umbuchungen.

Für die angepeilten sieben Millionen Fluggäste im Jahr braucht Oasis möglicherweise ein kleines Wunder. Vielleicht kann Airlinegründer Raymond C. Lee eines bewirken. Einen guten Draht "nach oben" bringt er aus seinem früheren Beruf mit. Lee war Pfarrer, bevor er zusammen mit seiner Frau Priscilla die Airline gründete.