YouGov-Umfrage Kostenschock bei Discounter Penny: Nur wenige Menschen wollen "wahre Preise" zahlen

Discounter Penny sorgt ab Montag einen Preisschock der eigenen Art. Für neun Produkte kassiert das Unternehmen die "wahren Preise".
Discounter Penny sorgt ab Montag einen Preisschock der eigenen Art. Für neun Produkte kassiert das Unternehmen die "wahren Preise".
© Oliver Berg / DPA
Der Discounter Penny bietet eine Woche lang in allen Märkten in Deutschland neun Produkte zum "wahren Preis" an – die Kosten durch Umweltschäden, die bei der Produktion verursacht werden, sind eingepreist. Wie kommt die Aktion bei den Verbrauchern an?

Nur wenige Verbraucherinnen und Verbraucher wollen die "Wahre-Preise-Aktion" des Discounters Penny unterstützen, in dem sie die mit einem deutlichen Preisaufschlag versehenen Produkte kaufen. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, bei der am Montag 3315 Personen befragt wurden.  

YouGov-Umfrage

Für die Umfrage wurden am Montag 3315 Personen in Deutschland ab 18 Jahren befragt. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren. Die Frage lautete: "Ab heute, 31. Juli 2023, verlangt der Discounter Penny für 9 seiner mehr als 3000 Produkte eine Woche lang die "wahren Preise" also jenen Betrag, der bei Berücksichtigung aller durch die Produktion verursachten Umweltschäden eigentlich berechnet werden müsste. Dadurch werden Produkte vom Käse bis zum Wiener Würstchen um bis zu 94 Prozent teurer. Die Mehreinnahmen will Penny für ein Projekt zum Klimaschutz und zum Erhalt familiengeführter Bauernhöfe im Alpenraum spenden. Planen Sie, die Aktion diese Woche durch den Kauf dieser Produkte zu unterstützen?"

Nur 16 Prozent der Deutschen planen demnach, Produkte zu den "wahren Preisen", bei denen auch die durch die Produktion verursachten Umweltschäden berücksichtigt werden, zu erwerben. 44 Prozent planen dies nicht. Rund 30 Prozent gaben an, dass sie in ihrer Nachbarschaft keinen Penny-Markt hätten, wo sie einkaufen könnten. Zehn Prozent machten keine Angaben. Am seltensten sagten Befragte ab 55 Jahren, dass sie die Aktion unterstützen wollen (8 Prozent).

Penny führt "wahre Preise" ein

Seit Montag verlangt der Discounter Penny für 9 seiner mehr als 3000 Produkte eine Woche lang die "wahren Preise" – also den Betrag, der bei Berücksichtigung aller durch die Produktion verursachten Umweltschäden eigentlich berechnet werden müsste. Die Produkte vom Käse bis zum Wiener Würstchen werden dadurch um bis zu 94 Prozent teurer, wie die Handelskette mitteilte. Die Mehreinnahmen will die zur Rewe-Gruppe gehörende Kette für ein Projekt zum Klimaschutz und zum Erhalt familiengeführter Bauernhöfe im Alpenraum spenden. Der Händler will mit dem Schritt nach eignen Angaben mehr Bewusstsein für die Umweltbelastungen durch die Lebensmittelproduktion schaffen.

Kooperation mit TH Nürnberg und Uni Greifwald

Penny arbeitet für die Aktion mit der Technischen Hochschule Nürnberg und der Universität Greifswald zusammen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in den Produktionsprozessen der ausgewählten Produkte die Umweltschäden durch Ressourcenverbrauch, Schadstoffausstoß und Treibhausgasemissionen analysiert. Bei Milchprodukten fällt etwa der Methan-Ausstoß der Kühe ins Gewicht, bei allen landwirtschaftlichen Produkten der CO2- und Feinstaubausstoß landwirtschaftlicher Maschinen. Außerdem wurden etwa Pestizid- und Düngereinsatz, die Grundwasserbelastung oder die Folgen landwirtschaftlicher Nutzung für die Böden bewertet. In anderen Studien hat etwa das Umweltbundesamt bereits untersucht, wie sich Umweltschäden und deren Folgen in Geld umrechnen lassen. Diese Schadenskostenfaktoren haben die Forscher im Auftrag von Penny auf die berechneten Umweltwirkungen der neun Produkte angewendet. Im Ergebnis ergibt sich jeweils ein Preisaufschlag, der erhoben werden müsste, um die entstandenen Umweltschäden und ihre Folgekosten annähernd auszugleichen.

Video: Penny will für Umweltkosten-Aktion Umsatzrückgang in Kauf nehmen
Penny will für Umweltkosten-Aktion Umsatzrückgang in Kauf nehmen

Sehen Sie im Video: Penny will für Umweltkosten-Aktion Umsatzrückgang in Kauf nehmen.

Debatte um faire Lebensmittelpreise

Die Forscher betonen, weder Verbraucher noch Landwirte noch Händler "an den Pranger" stellen zu wollen. Es brauche aber eine Debatte über die Preisgestaltung bei Lebensmitteln und auch darüber, wie die Politik eingreifen könnte, um Konsum nachhaltiger zu gestalten. Die Reaktion der Verbraucher sei auch Teil des Experiments, sagen die Forscher. "Wenn das Ergebnis ist, dass so gut wie niemand die verteuerten Produkte kauft, dann ist das wissenschaftlich für sich schon ein interessantes Ergebnis", sagt Wirtschaftswissenschaftler Tobias Gaugler von Technischen Hochschule Nürnberg. Penny rechnet nach eigenen Angaben wegen der höheren Preise jedenfalls mit einem deutlichen Umsatzrückgang – "mindestens im einstelligen Millionenbereich".

DPA · AFP
mth