Vor dem Landgericht Köln hat die strafrechtliche Aufarbeitung der Vergangenheit des spektakulär in die Schieflage geschlitterten Bankhauses Sal. Oppenheim begonnen. Richterin Sabine Grobecker eröffnete am Mittwoch das Hauptverfahren gegen vier ehemalige Gesellschafter der früher größten Privatbank Deutschlands sowie den Immobilienunternehmer Josef Esch.
Die Staatsanwaltschaft wirft Matthias Graf von Krockow, Christopher von Oppenheim, Friedrich-Carl Janssen, Dieter Pfundt und Esch vor, die Bank bei Immobilien-Geschäften geschädigt zu haben. Insgesamt geht es um drei Immobilien-Geschäfte in Köln und Frankfurt am Main sowie den Vorwurf der Untreue, der Anstiftung dazu oder zumindest der Beihilfe. Das Gesetz sieht Höchststrafen von zehn Jahren vor.
Allen drei Fällen ist gemein, dass die Angeklagten der Staatsanwaltschaft zufolge persönliche Interessen - vor allem finanzieller Art - und das Wohl der Bank nicht in Einklang bringen konnten. So kaufte die Bank eine Villa im Kölner Nobelviertel Marienburg, renovierte sie luxuriös und vermietete sie an die Mutter von Christopher von Oppenheim - viel zu billig. Die Bank sei auf Kosten von 8,6 Millionen Euro sitzen geblieben.
Einen weit größeren Schaden richteten sie in Frankfurt an: Auf 76 Millionen Euro beziffern die Ermittler das Minus, das für Sal. Oppenheim zu Buche stand, weil die Angeklagten "ihrer" Bank ein Bürohochhaus im Bankenviertel verkauften, in das die Dependance von Sal. Oppenheim einziehen sollte - um eben 76 Millionen Euro zu teuer und damit "in dem Bewusstsein, die Bank zu schädigen", heißt es in der Anklage.
Auf alle Beteiligten kommt nun ein langer Prozess zu: Die Kammer hat zunächst insgesamt 78 Verhandlungstage bis zum 19. Dezember 2013 vorgesehen.
Neue Klage wegen Schickedanz-Kredit
Sal. Oppenheim hat die Unabhängigkeit längst verloren. Die Deutsche Bank hatte sich das 1789 gegründete Bankhaus einverleibt, seit 2010 ist es eine 100-prozentige Tochter. Zuvor hatte sich Sal. Oppenheim unter anderem mit Investments in den Tourismus- und Handelskonzern Arcandor verhoben. Als Arcandor im Frühjahr 2009 krachend zusammenbrach, blieb dem Traditionshaus nur die Flucht in die Arme der Deutschen Bank.
Auch die Arcandor-Pleite hat für das Bankhaus ein gerichtliches Nachspiel: Die Staatanwaltschaft Köln reichte am Dienstag eine weitere Untreue-Klage gegen Graf von Krockow, Freiherr von Oppenheim, Janssen und Pfund wegen der Vergabe von unzureichend besicherten Krediten an die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz und Arcandor ein. Den dadurch verursachten Schaden für Sal. Oppenheim beziffert die Staatsanwaltschaft auf 460 Millionen Euro. Sie wirft den Angeklagten vor, Schickedanz 2005 über eine Strohmanngesellschaft 380 Millionen Euro geliehen zu haben, damit diese Aktien an der damals schon ums Überleben kämpfenden KarstadtQuelle AG kaufen konnte. Mit einem vollständigen Ausfall des Kredits sei aber zu rechnen gewesen.
Außerdem hätten die Angeklagten den Nachfolge-Konzern Arcandor 2008 einen Kredit über 20 Millionen Euro gewährt sowie sich mit rund 60 Millionen Euro an einer Kapitalerhöhung beteiligt. "Ein unternehmerisches Konzept, das es mit den seitens der Bank zur Verfügung gestellten Mitteln als wahrscheinlich erscheinen ließ, eine Sanierung der Arcandor AG erfolgreich gestalten zu können, lag den Verantwortlichen der Bank nicht vor", heißt es bei der Staatsanwaltschaft. Den Angeklagten drohen auch hier Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren. Die neue Anklage kann wegen des Zusammenhangs auch mit dem schon begonnenen Verfahren verbunden werden.
Die Quelle-Erbin Schickedanz hat ihre ehemalige Hausbank in einem Zivilprozess ebenfalls verklagt und fordert rund 1,9 Milliarden Euro. Die Privatbankiers hätten sie falsch beraten. Mit ihrem Engagement bei KarstadtQuelle verlor sie große Teile ihres Vermögens.