Weiß der Wirtschaftsminister nicht, was eine Insolvenz ist? Weiß er überhaupt noch, was er tut? In diese Richtung gingen zahlreiche hämische Kommentare zu Habecks missglücktem Erklärauftritt in der ARD-Sendung "Maischberger". Nun springt ihm einer von Deutschlands prominentesten Ökonomen zur Seite: Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), erklärte via Twitter: "Ich verstehe die Kritik an den Aussagen von Wirtschaftsminister Habeck zu Insolvenzen nicht, denn sie sind zutreffend."
Habeck hatte in seinem TV-Auftritt am Dienstagabend mit Aussagen zu Insolvenzen und Betriebsschließungen für Irritationen gesorgt. Auf die Frage, ob er eine Insolvenzwelle im Winter befürchte, erklärte er: "Nein, das tue ich nicht. Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erstmal aufhören, zu produzieren", das bedeute aber nicht, dass die betroffenen Unternehmen auch insolvent werden. Er befürchte zwar, dass Betriebe wie Blumenläden, Bioläden oder Bäckereien Probleme bekämen, weil ihre Kosten stiegen und es eine Kaufzurückhaltung gebe. Aber: "Dann sind die nicht insolvent automatisch, aber sie hören vielleicht auf zu verkaufen."
Für die Aussage, dass Unternehmen eventuell dicht machen müssten, ohne insolvent zu gehen, erntete Habeck Spott und Unverständnis, zumal er sich bei seinen Ausführungen rhetorisch mächtig verstolperte. DIW-Chef Fratzscher verweist hingegen auf zwei konkrete Beispiele, in denen Unternehmen tatsächlich "nicht produzieren können, ohne zwingend insolvent zu werden".
Betriebe brauchen staatliche Hilfen
Zum einen verweist er auf das Gastgewerbe: "Manche Hotels werden im Winter schließen müssen, weil Kunden ausbleiben", weil Menschen weniger reisten und weil die Kosten massiv stiegen, schreibt Fratzscher. Temporäre Schließungen seien in der Branche nicht ungewöhnlich.
Sollte es zu einer Gasknappheit kommen, könnten zudem "eine Reihe von energieintensiven Unternehmen gezwungen werden, ihre Produktion einzustellen", erklärt Fratzscher. Aber: "Dies wird der Staat nur machen können, wenn er die Unternehmen ausreichend kompensiert, so dass diese in Zukunft wieder öffnen können."
Auch wenn Fratzscher andere Beispiele nennt als der Wirtschaftsminister in seinen unvorteilhaft ausgedrückten Aussagen über Bäcker und Blumenläden, kommt er zum Schluss: "Was Habeck bei Maischberger gesagt hat, ist daher richtig. Man könnte lediglich kritisieren, dass er nicht über die staatlichen Maßnahmen gesprochen hat, die in solchen Fällen greifen. Aber es ist bei dieser gegenwärtigen Unsicherheit eher klug, dies nicht zu tun."
Aussagen von Robert Habeck gehen unter
Tatsächlich hatte Habeck in seinem TV-Auftritt auch erwähnt, die Regierung arbeite an "Unterstützungsprogrammen, die Unternehmen helfen". Ob es umfangreiche finanzielle Hilfen wie zu Corona-Lockdown-Zeiten geben könnte, ist dabei noch unklar. Zumindest arbeitet die Regierung derzeit aber an Änderungen im Insolvenzrecht. Diese Diskussions-Punkte sind im ungeschickten Auftritt Habecks und der anschließenden Welle von Häme jedoch untergegangen.
Mehr Hintergründe zu Habecks Aussagen und möglichen Änderungen am Insolvenzrecht lesen Sie hier: