Sportwetten Schiri-Skandal lässt die Deutschen zocken

Das deutsche Geschäft mit Sportwetten ist unterentwickelt: Während Franzosen und Briten bis zu 750 Euro pro Jahr einsetzen, sind Deutsche wesentlich geiziger. nun haben gerade die jüngsten Wettskandale den privaten Wettmarkt beflügelt.

Wie aus einer Marktstudie der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) in Mainz hervor geht, machten staatliche und private Wettanbieter im vergangenen Jahr einen Umsatz von insgesamt lediglich rund zwei Milliarden Euro. Die Wachstumsaussichten allerdings seien sehr gut, trotz des staatlichen Glücksspielmonopols.

Die Autoren der LRP-Studie, Stefan Steib und Alwin Vester, verweisen auf Zahlen aus anderen europäischen Ländern. So würden die Teilnehmer an Sportwetten in Frankreich, Großbritannien oder Österreich jährlich insgesamt bis zu 750 Euro im Jahr einsetzen. In Deutschland belaufe sich die Summe auf gerade einmal 40 Euro pro Spieler und Jahr.

Private Anbieter litten unter "Schmuddel-Image"

Startschuss für die Aufholjagd des deutschen Glücksspielmarktes sei die Fußball-WM in diesem Jahr. Steib und Vester machen in ihrer Untersuchung für den im internationalen Vergleich schwachen deutschen Sportwettenmarkt vor allem zwei Faktoren verantwortlich. Zum einen sei der deutsche Markt durch das staatliche Glücksspielmonopol - daneben bestehen lediglich vier private Glücksspiellizenzen aus DDR-Zeiten - stark eingeschränkt. Zum anderen litten die privaten Anbieter unter einem "Schmuddel-Image".

Für die Beseitigung des mangelhaften Ansehens privater Wettanbieter sei die Fußball-WM von nicht zu unterschätzender Bedeutung, heißt es in der Studie. Die Weltmeisterschaft habe das Potenzial "das Wetten als abwechslungsreiche Freizeitaktivität bei breiten Konsumentenkreisen zu etablieren". An den langfristig positiven Perspektiven des privaten Sportwettenmarktes könne auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts ändern, sagte Steib.

Auch TV-Sender wollen dabei sein

Steib und Vester verwiesen darauf, dass der Schiedsrichterskandal im vergangenen Jahr dem Ansehen des Fußballs geschadet hat: "Den Sportwettenmarkt in Deutschland hat dieser Skandal paradoxerweise aber geradezu beflügelt." Der Umsatz der österreichischen betandwin-Gruppe sei im ersten Halbjahr 2005 auf 993 Millionen Euro hoch geschnellt: "Rund ein Drittel steuerte dabei der deutsche Markt bei." Im Vergleich dazu machte betandwin im Gesamtjahr 2004 einen Umsatz von lediglich 856 Millionen Euro.

Der deutsche Glücksspiel- und Wettmarkt hat nach Schätzungen der LRP im vergangenen Jahr ein Gesamtvolumen von rund 30 Milliarden Euro erreicht. Mit rund zwei Milliarden Euro liege der Anteil der Sportwetten am Gesamtgeschäft bei rund sieben Prozent. Trotz des staatlichen Glücksspielmonopols schätzen die LRP-Experten den Anteil privater Anbieter am Gesamtumsatz der Sportwetten auf rund 1,5 Milliarden Euro. Der Anteil des staatlichen Anbieters Oddset liege dagegen bei lediglich 22 Prozent.

Wegen des staatlichen Monopols haben sich zahlreiche private Wettanbieter in die rechtliche Grauzone des Internets zurückgezogen. Hier haben nach dem Ergebnis der Studie künftig vor allem größere, etablierte Unternehmen gute Chancen, die dem Bedürfnis der Kunden nach Sicherheit entgegen kämen. Im laufenden Jahr sei bei Sportwetten im Internet mit einem Umsatzwachstum von 20 bis 30 Prozent zu rechnen. Nach Einschätzung der LRP-Experten dürften am wachsenden Markt mit Sportwetten in Zukunft nicht allein die wenigen lizenzierten Buchmacher sowie Online-Anbieter teilhaben, sondern auch TV-Sender. "Privatsender wie Pro Sieben, Sat.1, RTL und DSF haben bereits konkrete Schritte angekündigt, um im Wettgeschäft dabei zu sein." Der Sender Premiere betreibe bereits seit August 2005 den Wettkanal "Premiere Win" in Kooperation mit betandwin sowie Magna Entertainment.

AP
Guido Rijkhoek/AP