Eigentlich wollten die Senatoren in Washington das Gesetz noch vor dem langen Wochenende zum Nationalfeiertag am 4. Juli auf den Weg bringen. Doch weil sich die Versionen des Abgeordnetenhauses und des Senats nur schwer miteinander vereinen lassen und das Weiße Haus zudem mit einem Veto gedroht hat, werden die von Zwangsversteigerungen bedrohten amerikanischen Hausbesitzer noch ein wenig länger auf Erleichterung warten müssen. Wenn sie denn überhaupt spürbar wird. Der amerikanische Rechnungshof schätzt, dass rund 400.000 Eigenheimbesitzern mit der neuen Regelung geholfen werden kann - nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.
Als der Kongress Anfang dieses Jahres zuerst darüber nachdachte, Erleichterung zu schaffen, waren 2,5 Millionen Hypotheken in einer Schieflage. Seitdem ist diese Zahl auf drei Millionen gestiegen, und innerhalb der nächsten zwölf Monate werden noch einmal zwei Millionen geplatzte Hypotheken dazukommen, schätzen Analysten. "Das Gesetz wird nicht genug sein, nicht einmal unter den besten Voraussetzungen", sagt der Chefökonom von Moody's Economy.com, Mark Zandi, "die Zahl der Leute, denen geholfen werden kann, ist verschwindend gering angesichts der drei Millionen Kredite, die zu platzen drohen."
Schlimmste Fälle sind ausgeschlossen
Die Hausbesitzer, die sich übernommen haben oder durch betrügerische Kredit-Vermittler in Schwierigkeiten gerieten, befinden sich derzeit in einer Abwärtsspirale, aus der es nur schwer ein Entrinnen gibt. Die Immobilienpreise fallen, die Zinsen steigen und die Konjunktur stottert. Die Arbeitslosenrate in Amerika stieg in den vergangenen Monaten von 4,9 auf 5,5 Prozent. Laut einer Prognose der Investmentbank Lehman Brothers werden die Immobilienpreise im Landesdurchschnitt bis Ende 2009 um weitere 15 Prozent fallen. Schon jetzt schulden rund neun Millionen Hausbesitzer den Banken mehr, als ihre Immobilie wert ist.
Dieser Umstand schließt sie automatisch von der Hilfe aus, die das neue Gesetz bringen soll. Das schreibt in seiner derzeitigen Fassung vor, dass die Hypotheken-Last nicht mehr als 85 Prozent des Immobilienwertes betragen darf. Von den Hausbesitzern verlangt es, dass sie einerseits im Augenblick nicht in der Lage sind, ihre Ratenzahlungen zu bedienen. Andererseits müssen sie jedoch nachweisen, dass sie nach einer staatlich unterstützten Umschuldung wieder auf finanziell gesunden Füßen stehen. Damit sind die drastischsten Fälle automatisch ausgeschlossen. Doch selbst, wer diese Hürden nimmt, muss noch eine ganze Reihe weiterer Bedingungen erfüllen, ehe er seine Finanzlast in einen zinsgünstigen Kredit mit 30-jähriger Laufzeit umwandeln darf.
Den großen Wurf gibt es nicht
Die Betroffenen dürfen zwar in ihren Häusern wohnen bleiben, muss jedoch eine zusätzliche Kreditversicherung in Höhe von 1,5 Prozent der Hypothek bezahlen. Sollten sie später ihr Haus verkaufen und der Wert inzwischen gestiegen sein, müssen sie den Gewinn mit dem Fiskus teilen. Insgesamt will Washington 300 Milliarden Dollar zur Seite legen, um das Hilfsprogramm zu starten.
Kritiker vor allem aus dem konservativen Lager bemängeln, dass es Leuten helfe, die durch eigenes Verschulden in Schwierigkeiten geraten seien. Das Weiße Haus wiederum findet das Gesetz zwar grundsätzlich gut, wehrt sich aber gegen ein ebenfalls darin vorgesehenes Hilfsprogramm für notleidende Kommunen: Den von der Immobilienkrise am schlimmsten betroffenen Gemeinden sollen insgesamt knapp vier Milliarden Dollar aus der Staatskasse zur Verfügung gestellt werden, um damit leerstehende Immobilien aufzukaufen und ganze Nachbarschaften zu revitalisieren.
Den großen Wurf, der mit einem Schlag alles zum Besseren wendet, gibt es ohnehin nicht, darin sind sich die Experten einig. Steve O'Connor, Vizepräsident der Mortgage Bankers Association in Washington sagt: "Es bedarf verschiedener Werkzeuge, um den Markt wieder in den Griff zu bekommen. Und es braucht Zeit." Zeit, die viele amerikanische Hausbesitzer nicht haben. Derzeit reichen die Banken jeden Tag 8000 neue Anträge auf Zwangsversteigerungen ein.