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Versandhändler im Shitstorm Kunden meutern gegen "Sklavenhalter" Zalando

Drei Monate arbeitete eine Reporterin undercover bei Zalando und filmte Missstände. Das Unternehmen wehrt sich mit einer Klage. Doch im Netz empören sich wütende Kunden über die "Sklavenhalter".
Von Daniel Bakir

Glaubt man der Werbung, schreien die Kunden von Zalando vor Glück. Doch die Realität sieht derzeit anders aus: Gerade schreien sie eher vor Wut. Schon mehrfach stand der Schuh- und Modeversender wegen der Arbeitsbedingungen in seinen Logistikzentren in der Kritik. Nun hat sich eine junge Reporterin für drei Monate als Lagerarbeiterin eingeschleust und die Zustände mit versteckter Kamera dokumentiert. In ihrer auf RTL ausgestrahlten Reportage berichtet die Journalistin Caro Lobig vom kräfte- und nervenzehrenden Arbeitsalltag im Logistikzentrum Erfurt. Bis zu 27 Kilometer legte sie als sogenannter "Picker" am Tag zurück, um die Waren in der riesigen Lagerhalle zusammenzusuchen. 8,79 Euro verdiente sie pro Stunde. Die Pausen seien äußerst knapp gehalten, Sitzen war zwar nicht verboten, aber auch "nicht gern gesehen", wie ihr ein Vorgesetzter in die versteckte Kamera spricht.

Dazu kamen permanente Leistungskontrollen und Überwachung durch die Chefs, Standpauken vor versammelter Mannschaft und willkürliche Diebstahlkontrollen an den Drehkreuzen am Eingang. Für Kollegendenunziation zahlt Zalando 500 Euro, ein Arbeitsrechtler äußerte sich in dem Beitrag äußerst kritisch über die Zustände.

Zalando dagegen fühlt sich zu Unrecht vorgeführt. "Dieser Bericht hat uns sehr erschüttert, weil er grundlegend kritisiert, wie wir in der Logistik arbeiten und wie wir mit unseren Mitarbeitern vor Ort umgehen", schreibt das Unternehmen auf seiner Homepage. In der Stellungnahme weist Zalando auch die Vorwürfe weitestgehend zurück. Zudem erstattete das Unternehmen Anzeige gegen die Reporterin wegen des Verrats von Geschäftsgeheimnissen.

Doch der Imageschaden für das ohnehin umstrittene Unternehmen ist da: Auf der Facebookseite von Zalando tobt der Shitstorm. Seit gestern haben Kunden auf der Pinnwand fast 2000 Kommentare abgegeben. "So eine menschenverachtende Firma sollte verboten werden. Unglaublich wie ihr die Not der Menschen ausnutzt, um Gewinn zu erzielen", lautet ein typischer Kommentar.

Auch das Statement der Firma zu dem TV-Beitrag konnte die Gemüter nicht beruhigen. "Das Problem ist, dass Sklavenhalter wie Ihr es seid, hinterher, wenn etwas ans Licht der Öffentlichkeit kommt, immer erstmal abstreiten, kleinhalten, dementieren", schreibt etwa eine Userin. "Ich als Shoppaholic habe meinen Account bei Zalando gelöscht!! Nie wieder!!", kommentiert eine andere. Für manche kommen die Erkentnisse aus dem Bericht allerdings wenig überraschend: "Was wundert ihr euch denn bei den Preisen? Wie bitte soll es bei den Dumpingpreisen möglich sein, Leute fair zu bezahlen, ihnen Urlaub, Erholung und Freizeit zu gewähren?!"

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