VW-Hauptversammlung Kein leichter Gang für Pischetsrieder

Einen Proteststurm wie kürzlich DaimlerChrysler-Chef Schrempp muss VW-Boss Bernd Pischetsrieder zwar nicht fürchten - doch herbe Aktionärskritik wird es auch bei der anstehenden Hauptversammlung geben. Der Grund dafür liegt in China.

Im Mittelpunkt der Hauptversammlung von Volkswagen am Donnerstag (21.4.) dürften neben der anhaltenden Talfahrt in den USA und dem Rückwärtsgang der Aktie vor allem die jüngsten Hiobsbotschaften aus China stehen. Der einstige VW-Parademarkt ist zum Krisenfall geworden. Bereits 2004 sank der Absatz des Konzerns auf seinem wichtigsten Auslandsmarkt um 7 Prozent auf knapp 650.000 Fahrzeuge. Im neuen Jahr setzte sich der freie Fall fort. Auch die Erträge schrumpfen. Im vergangenen Jahr ging das operative Ergebnis der chinesischen Gesellschaften von 561 auf 222 Millionen Euro zurück. 2005 drohen sogar hohe Verluste. Das Investmenthaus Goldman Sachs prognostiziert ein Minus von mindestens 400 Millionen Euro. "Volkswagen steht vor einer größer werdenden Krise in China", sagten die Experten in einer Studie unlängst voraus.

Vorsprung verspielt

Als erster europäischer Autobauer kam Volkswagen vor mehr als 20 Jahren nach China. Lange Zeit waren die Wolfsburger unangefochtener Marktführer, diesen Vorsprung aber hat VW verspielt. Die Konkurrenz hat mächtig aufgeholt, zudem schränkte die chinesische Regierung die Kreditvergabe ein, um eine Überhitzung des Marktes zu vermeiden. Doch die VW-Probleme in China sind auch hausgemacht. Volkswagen habe zu spät auf die Marktveränderungen reagiert, kritisiert der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der FH Gelsenkirchen. Schwachstelle sei vor allem der Vertrieb, VW habe das Ohr nicht genug am Kunden: "Die Produktpalette passt nicht."

Bereits im Januar hatte Pischetsrieder das Chinageschäft als "größten Unsicherheitsfaktor" für den Konzern bezeichnet. Im März legte er nach: VW arbeite "mit Hochdruck" daran, den Konzern in China neu auszurichten. Wie dies genau geschehen soll, ist aber bislang unklar - mit Spannung wird daher die Rede Pischetsrieders auf der Hauptversammlung erwartet. Kurz zuvor, am Mittwochabend, gibt VW bereits wesentliche Geschäftszahlen zum ersten Quartal bekannt - mehr als eine Woche vor dem ursprünglich beabsichtigten Termin.

Hoffnungsträger Bernhard muss früher ran

Früher als geplant rückt auch Hoffnungsträger Wolfgang Bernhard an die Spitze der Marke VW. Dem Vernehmen nach soll der als Sanierer geltende ehemalige DaimlerChrysler-Manager die Konzern-Kernmarke bereits im Sommer übernehmen - die Zeit drängt: 2004 war die Marke in die roten Zahlen gerutscht. Insgesamt war der Konzerngewinn im vergangenen Jahr erneut deutlich gesunken.

Trotz der vielen Probleme: In Wolfsburg bleibt man nach außen hin gelassen. Die Weichen seien gestellt, sagt ein VW-Sprecher. Er verweist vor allem auf die zahlreichen neuen Modelle, etwa den neuen Passat, sowie das noch bis Jahresende laufende Milliarden-Sparpaket "ForMotion". Pischetsrieder hat zudem bereits weitere Einsparungen angekündigt. "ForMotion reicht nicht aus", sagt auch der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Ulrich Hocker. "Pischetsrieder hat das Kostenproblem bisher nicht wirksam angegangen." Unzufrieden ist Hocker auch mit der Entwicklung der VW-Aktie, deren Kurs 2004 drastisch gefallen war.

Im Vergleich zur Konkurrenz geht's VW noch gut

Ein Spießrutenlauf wie DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp kürzlich dürfte Pischetsrieder nach einhelliger Meinung von Analysten, Fondsgesellschaften und Aktionärsvertretern allerdings erspart bleiben. Im Vergleich zu Mitbewerbern, vor allem General Motors, stehe Volkswagen noch gut da, sagt etwa Hocker. Durch die unverändert geblieben Dividende von 1,05 Euro je Aktie seien die Aktionäre außerdem "milde" gestimmt. Und: "Pischetsrieder ist nicht solche eine Reizfigur wie Schrempp."

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Andreas Hoenig/DPA