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Fett, Zucker, Kalorien Warum Nestlé, Coca-Cola und Co. die Lebensmittelampel planen

Lebensmittel: Industrie setzt jetzt auf die Ampel-Kennzeichnung
Die Lebensmittelindustrie will die Lebensmittelampel zur Kennzeichnung nutzen.
© Marcus Brandt/dpa ;Jens Büttner/dpa
Die Lebensmittelindustrie hat sich jahrelang gegen ein Ampel-Kennzeichnung auf ihren Verpackungen gewehrt. Nun schließen sich sechs große Hersteller zu einem Ampel-Bündnis zusammen. Woher der Sinneswandel?

Das klingt doch ganz gut: 31 Prozent Vollkorn soll in den Frühstücksflocken Cookie Crisp von Nestlé stecken. Ein gesunder Start in den Tag? Nicht wirklich, denn die kleinen Getreideflocken haben es in sich: Pro 100 Gramm stecken 28 Gramm Zucker in den Flakes. Zum Vergleich die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt maximal 25 Gramm Zucker pro Tag zu sich zu nehmen. Die Angaben zu den Nährwerten findet der Verbraucher im Kleingedruckten auf der Rückseite der Verpackung. Auf der Vorderseite verrät der Hersteller nur die prozentualen Angaben bei der Portionsgröße von 30 Gramm. Ein Schüsselchen der Flakes am Morgen decken laut Nestlé zehn Prozent des Zucker-Tagesbedarf. Aber ist das jetzt viel? Und wer müht sich schon im Supermarkt durch die winzigen Tabellen auf den Verpackungen? 

Bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln herrscht Wildwuchs in Deutschland. Verpflichtend sind die Angaben zu Nährwerten bezogen auf 100 Gramm oder 100 Milliliter. Die sogennanten Big 7, also Angaben zum Energiegehalt und zu den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz müssen zu finden sein. Alles andere, was so auf den Verpackungen prangt, ist bislang freiwillig. Mal steht dort der prozentuale Anteil der Nährwerte pro Portion, mal gibt es gar keine Hinweise - und mal sind die Nähwerte farblich gekennzeichnet. Diese Lebensmittelampel, also die Einteilung in "rot", "gelb" und "grün", sollte es eigentlich dem Verbraucher erleichtern, sich gesünder, fett- und zuckerreduzierter zu ernähren. Doch verpflichtend wurde die Ampel nie durchgesetzt.

Vorstoß von Coca-Cola, Mars, PepsiCo, Mondelez, Nestlé und Unilever 

Viele Jahre stritten Verbraucherschützer und Hersteller heftig um eine einfache und verständliche Kennzeichnung von Lebensmitteln. Am Ende setzte sich die Industrie durch, die Ampel kam nicht. Nun überraschen sechs Lebensmittelunternehmen mit einer Ankündigung. Die Food-Konzerne Coca-Cola, Mars, PepsiCo, Mondelez, Nestlé und Unilever wollen mit einer eigenen Ampel-Kennzeichnung der Fettleibigkeit in Europa den Kampf ansagen. Dieser Schritt verwundert, schließlich hatten es die Hersteller geschafft, dass auf Süßigkeiten, Limo-Flaschen und Chipstüten nicht die feuerroten Kennzeichnungen der Ampel Kunden vom Kauf abhalten. "Das ist kein Sinneswandel", so ein Sprecher von Nestlé zum stern. "Wir wollen mit der Initiative die Verbraucher schnell und sichtbar informieren. Das Ziel ist es, Kunden im Supermarkt bei der Kaufentscheidung zu unterstützen."

Verbraucherschützer kritisieren Pläne zur Lebensmittelampel

Den Verbraucherschützern ist der Vorstoß - erwartungsgemäß - nicht genug. Denn der Teufel steckt ihrer Meinung im Detail. Die Industrie will zwar die Lebensmittelampel, allerdings will sie die Angaben nicht pro 100 Gramm oder 100 Milliliter angeben, sondern pro Portion. Und hier setzt die Kritik an dem Plan an. Denn wie groß eine Portion eines Lebensmittels zu sein hat, entscheidend die Hersteller. Bei den zuckrigen Frühstücksflocken von Nestlé wird die Portion mit 30 Gramm beziffert - im Netz wird hingegen in unzähligen Foren diskutiert, dass diese Portion völlig unrealistisch sei. "Auch wenn die Hersteller sich erfreulicherweise nicht länger dem Prinzip einer Ampelkennzeichnung verschließen, ist der heute vorgestellte Ansatz der Hersteller auf Basis von Portionsgrößen aus Verbrauchersicht nicht akzeptabel", so Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) in einer Stellungnahme. Um Produkte besser vergleichen zu können, fordern die Verbraucherschützer eine einheitliche Größe in Gramm und Milliliter. "Es gibt kein einheitliches Verständnis darüber, was 'eine Portion' ist – Menschen essen nicht immer gleich große Portionen", so Müller vom "vzbv". "Die von den Herstellern vorgeschlagene Systematik ist daher nicht geeignet, Verbraucher nachvollziehbar über den Nährstoffgehalt eines Lebensmittels zu informieren."

"Thema wieder auf der Tagesordnung"

Wie genau die Konzerne ihre Ampel umsetzen wollen, ist unklar. In einer Erklärung wollen sie ihre Pläne erläutern. Doch die Firmen zeigen sich gesprächsbereit. "Kritische Stimmen werden nicht nur gehört, sondern auch bedacht bei den Planungen", so ein Nestlé-Sprecher. Es habe in der Vergangenheit Gräben gegeben zwischen Industrie und Verbraucherschutz. Nun sei das Thema wieder auf der Tagesordnung. "Die Industrie hat ein Interesse an gut informierten Verbraucher", so der Sprecher weiter. 

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