Traditionell sind höhere Strompreise zum Jahresende ein großes Thema, wenn viele Anbieter ihre Preise erhöhen. Doch diesmal ist es schon im Sommer so weit. Das Vergleichsportal Verivox vermeldet aktuell ein neues Rekordhoch bei den Strompreisen. Und auch der Gaspreis für Verbraucher ist auf den höchsten Stand seit fünf Jahren geklettert.
Beim Strom müssen private Haushalte laut Verivox derzeit im Schnitt 30,4 Cent für die Kilowattstunde Strom bezahlen – das sind 5,7 Prozent mehr als vor einem Jahr und so viel wie nie. Auf Sicht von zehn Jahren hat sich Strom für Verbraucher in Deutschland sogar um ein Viertel verteuert. Gas ist für Privatkunden allein seit Anfang des Jahres um acht Prozent teurer geworden. Und dass es mit den Energiepreisen in den kommenden Monaten weiter nach oben geht, gilt Experten als sicher.
Warum wird es teurer?
Der aktuelle Anstieg bei den Strompreisen hängt diesmal nicht an früheren Preistreibern wie der EEG-Umlage oder Netzentgelten. Hauptgrund ist, dass die Anbieter den Strom teurer einkaufen müssen. So hat sich der Großhandelspreis für Strom an der Energiebörse EEX seit vergangenem Herbst etwa verdoppelt. Das wiederum liegt maßgeblich am europäischen Emissionsrechtehandel, der die Energieversorgung grüner machen soll. Diese Verschmutzungsrechte, die die klimaschädliche Energieerzeugung bestrafen, sind zuletzt deutlich teurer geworden und ihr Preis wird im kommenden Jahr weiter steigen.
Die Gaspreise steigen seit einem Jahr sogar noch deutlich stärker als die Strompreise. Seit Anfang 2021 gilt die neue CO2-Steuer auf Brennstoffe. Zudem ist die Nachfrage nach Gas weltweit - in Folge der wirtschaftlichen Erholung nach dem Corona-Einbruch - rasant angestiegen, was die Preise weiter treibt. Die höheren Gaspreise verteuern einerseits die Stromerzeugung und haben andererseits direkte Auswirkungen auf private Gaskunden.
Wie geht es weiter?
Die Energiepreise werden weiter steigen – auch für die Endkunden. Laut Check24 haben aktuell bereits 39 Gasversorger angekündigt, in den kommenden Wochen die Preise zu erhöhen – im Schnitt um 12,6 Prozent. Auch erste Strom-Grundversorger haben Erhöhungen angekündigt oder wie Vattenfall in Hamburg schon zum August in Kraft gesetzt.
Bis zum Jahresende dürften zahlreiche weitere Preiserhöhungen folgen: "Verbraucher müssen sich in den kommenden Monaten auf steigende Strompreise einstellen", sagt Verivox-Experte Thorsten Storck. "Eine Abschaffung der EEG-Umlage, die rund ein Fünftel des Strompreises ausmacht, wird zwar im Bundestagswahlkampf versprochen. Aber kurzfristige konkrete Entlastungen der Haushalte bei den Stromkosten sind bisher nicht in Sicht", so Storck. Auch eine größere Gaspreiswelle erwartet er im Herbst. Denn der CO2-Preis für fossile Brennstoffe wird zum Jahreswechsel von 25 auf 30 Euro je Tonne steigen. "Diese Kosten geben viele Gasversorger direkt an ihre Kunden weiter."
Zwölf Tipps wie Sie als Mieter Ihre Energiekosten senken

Sollten Sie als Mieter größere Sanierungsmaßnahmen umsetzen wollen, wie beispielsweise den Einbau neuer Fenster, setzen Sie sich mit ihrem Vermieter zusammen und sprechen Sie über mögliche Ausgleichsmaßnahmen. In bestimmten Fällen kann es sich lohnen, wenn Sie in Ihre Mietwohnung oder Ihr Mietshaus selbst investieren. Denkbar wäre zum Beispiel, mit dem Vermieter eine Vereinbarung auszuhandeln, dass man selbst die Kosten trägt, und der Vermieter im Gegenzug in den kommenden Jahren auf eine Mieterhöhung verzichtet. Alle Maßnahmen sollten vertraglich genau festgehalten werden.
Was können Verbraucher tun?
Wer ein Schreiben mit der Ankündigung einer Preiserhöhung bekommt, hat ein Recht auf Sonderkündigung und kann wechseln. Vergleichsportale helfen dabei, einen günstigeren Strom- oder Gasanbieter zu finden. Am meisten sparen können Kunden, die noch nie gewechselt haben, und deshalb noch in der vergleichsweise teuren Grundversorgung stecken. Sie können auch ohne Preiserhöhung jederzeit wechseln.
Der Wechsel von einem Strom-Grundversorger zu einem günstigen Anbieter spart laut Verivox im Schnitt rund 200 Euro im Jahr. Je nach Region kann sogar eine noch höhere Ersparnis drin sein, in Berlin sogar über 300 Euro (siehe Tabelle). Zudem zahlen manche Anbieter auch noch satte Einmalboni für den Wechsel, wobei diese Tarife nicht unbedingt dauerhaft günstig sind. Gaskunden, die noch in der Grundversorgung sind, können bei einem Wechsel sogar mehr als 400 Euro sparen.
Eine Alternative zu den bekannten Vergleichsportalen wie Verivox und Check24 sind Wechseldienste, die nicht nur einmalig den Wechsel organisieren, sondern den Tarif weiter im Blick behalten und den Kunden von sich aus informieren, sollte sich ein erneuter Wechsel lohnen. Von diesen Tarifaufpassern empfiehlt Stiftung Warentest vor allem die Dienste Switchup, Esave, Wechselpilot und Wechselstrom.
Jährliche Stromkosten und Sparpotenzial für Musterhaushalt*
Stromkosten in der Grundversorgung | Sparpotenzial bei Wechsel (ohne Bonus) | |
Deutschland | 1351 Euro | 204 Euro |
Baden-Württemberg | 1371 Euro | 210 Euro |
Bayern | 1330 Euro | 212 Euro |
Berlin | 1428 Euro | 309 Euro |
Brandenburg | 1374 Euro | 179 Euro |
Bremen | 1180 Euro | 113 Euro |
Hamburg | 1421 Euro | 177 Euro |
Hessen | 1355 Euro | 213 Euro |
Mecklenburg-Vorpommern | 1353 Euro | 187 Euro |
Niedersachsen | 1299 Euro | 162 Euro |
Nordrhein-Westfalen | 1339 Euro | 199 Euro |
Rheinland-Pfalz | 1380 Euro | 237 Euro |
Saarland | 1386 Euro | 221 Euro |
Sachsen | 1304 Euro | 152 Euro |
Sachsen-Anhalt | 1330 Euro | 181 Euro |
Schleswig-Holstein | 1454 Euro | 217 Euro |
Thüringen | 1406 Euro | 252 Euro |
*Haushalt mit Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden; Quelle: Verivox; Berücksichtigt wurden die günstigsten Angebote der örtlichen Grundversorger und der überregionalen Versorger, soweit diese im Internet veröffentlicht werden und den Richtlinien von Verivox entsprechen