Werner Otto Der König der Versandhäuser

6.000 Mark Startkapital, drei Mitarbeiter, zwei kleine Gebäude in Hamburg: Die Erfolgsgesstory des gescheiterten Schuhfabrikanten begann mit 300 selbst gebastelten Katalogen - um die Schuhe loszuwerden.

Der Anfang 1949 war bescheiden: "Werner Otto Versandhandel" hieß die Firma, und der Gründer und Chef war 30 Jahre alt, gelernter Kaufmann, verwundeter Obergefreiter und gescheiterter Schuhfabrikant. Mit Schere und Kleber bastelte die übrig gebliebene Mannschaft der gescheiterten Schuhfabrik 300 Versandkataloge, die auf 14 Seiten 28 Paar Schuhe präsentierten. Es war der Start einer Erfolgsgeschichte: Heute ist Otto der größte Versand der Welt und Werner Otto Milliardär. Am 13. August wird er 95 Jahre alt.

Landbevölkerung war für Kataloge dankbar

Die 50er Jahre waren eine reine Erfolgsgeschichte für Otto und sein Unternehmen: Damals waren vor allem die Bürger auf dem Land von den großen Kaufhäusern abgeschnitten. Da kam der Versandhandel gerade recht, und Werner Otto setzte sich schnell an die Spitze der Branche.

Ottos Siegeszug beruhte vor allem auf drei Dingen: Die Hamburger waren nicht die billigsten, hielten aber immer die Qualität hoch. Otto führte als erster die Sammelbestellungen ein: Ein so genannter Sammelbesteller nahm für mehrere Kunden aus der Familie oder Nachbarschaft die Bestellungen auf und bekam dafür fünf Prozent Rabatt. Außerdem verkaufte Otto als erster auf Rechnung. Die Kunden schätzten bald dieses Vertrauen.

Gründer des Hermes-Versand

Doch Otto erkannte, dass das Verschicken von Katalogen langfristig nicht reicht: Er gründete den Hermes-Versand, dessen hellblaue Lieferwagen die Waren bis in die letzten Dörfer bringen und der heute eine ernste Konkurrenz für die Post ist. Als erster Versandhandel nahm Otto Bestellungen per Telefon an. Der Mut zum Neuen zahlte sich aus: 1951 schon eine Million Mark Umsatz, 1953 fünf Millionen. Otto schwamm auf der Boomwelle der 50er Jahre. 1958 setzte er 100 Millionen Mark um.

Doch dem unternehmungslustigen Otto reichte das Versandgeschäft nicht: Er verkaufte Anfang der 60er Jahre 25 Prozent der Firma an die Essener WAZ-Gruppe und steckte das Geld in neue Projekte. Ende der 60er Jahre - die Führung des Versandes hatte ein angestellter Manager übernommen - gründete Werner Otto die Immobiliengesellschaft ECE. Die Firma baut und vermietet Einkaufszentren.

Eigene Firma um Shopping-Centern zu bauen

Heute ist ECE der wichtigste Bauträger von Shopping-Centern in Europa. Seit 2000 führt Otto-Sohn Alexander die Firma. Den Versand leitet inzwischen der älteste Sohn Michael. Schon über 60, baute Werner Otto später noch Immobilienprojekte in Kanada und den USA auf.

Der erfolgreiche Unternehmer zeigte sein Leben lang gesellschaftliche Verantwortung: Er führte früh und freiwillig die Fünf-Tage Woche ein, wurde dann im großen Stil Spender: In Hamburg gibt er Geld für moderne Behandlungsmethoden in der Kindermedizin, in seinem Geburtsort Seelow östlich von Berlin ließ er die Kirche restaurieren, in Berlin kaufte der dem Konzerthaus eine neue Bühne, in Hamburg beteiligt er sich an der Sanierung des Jungfernstieges, der berühmten Harvard-Universität in den USA bezahlte er ein Museum. Die Summe der Spenden liegt über 20 Millionen Euro. Otto erhielt dafür zahlreiche Orden und Ehrentitel. Er lebt zurückgezogen in Hamburg.

AP · DPA
Claus-Peter Tiemann, AP

Mehr zum Thema