Das Nachtleben in Clubs, Bars und Konzerten ist seit Monaten nahezu verstummt. Wer in diesem Jahr nachts feiern und tanzen wollte, der musste es entweder zu Hause oder halblegal oder illegal tun. Doch es geht um mehr als Partys, die ausfallen, sondern um zahlreiche Existenzen und Strukturen, die bedroht sind oder kaputt gehen. "Es ist wie ein Geflecht bei den Automobilzulieferern", sagte der Musikproduzent Steffen Berkhahn, alias DJ Dixon, im Podcast "Die Stunde Null." Hinter dem Nachtleben stehen Veranstalter, Agenturen, Produzenten, DJs, Clubbesitzer – und Studenten, die abends und nachts ihr Studium finanzieren. "Es gibt in dem Bereich zahllose Menschen, denen es derzeit nicht gut geht und die nicht so in der Öffentlichkeit stehen", sagte Berkhahn, der weltweit zu den erfolgreichsten DJs zählt. Das Nachtleben werde nicht sterben. Aber schon jetzt seien viele Existenzen bedroht oder vernichtet.
Ein Problem sei die fehlende Lobby: "Unsere Branche hat niemanden, der für uns spricht", sagte Berkhahn, der normalerweise rund um die Welt tourt und in Shanghai, Dubai, Los Angeles oder Tokio auflegt – aber seit dem Frühjahr in Berlin festsitzt und 80 Shows absagen musste. "Wir sind nicht organisiert."
Berkhahn, der ein Musiklabel, eine Buchungsagentur und eine Veranstaltungsfirma betreibt, wirbt für einen anderen Blick auf seine Branche. "Mir geht es darum zu zeigen, dass das Nachtleben auch eine Wertigkeit hat und dass wir es nicht nur mit Saufen und Abstürzen in Zusammenhang bringen." Das Nachtleben sei "der Gegenpol zum Alltag". In einem früheren Interview hatte Berkhahn es einmal so ausgedrückt: "Nachtleben heißt vergessen, was Montag bis Freitag war."
Berkhahn wurde 1975 in Anklam in Mecklenburg-Vorpommern geboren. Er war DDR-Jugendmeister im Langlauf und wollte Profifußballer werden, aber verletzte sich. In den Neunzigerjahren begann er unter dem Namen Dixon in Berlins Techno-Clubs aufzulegen. Vor einigen Jahren bezeichnete ihn die Zeitung "Die Welt" als "besten DJ der Welt", das Musikmagazin FAZEmag nannte ihn den "König der DJs". Berkhahns Musiklabel läuft derzeit noch gut, die Buchungsagentur und die Veranstaltungsfirma "Lost in a Moment" liegen allerdings am Boden.
Eine Rückkehr zur Normalität erwartet Berkhahn nicht vor April, eher im Sommer. Aber auch dann werde es Einschränkungen geben, und viele Betreiber könnten es nicht durchstehen – oder es würde sich nicht lohnen. "Wenn 20 Prozent weniger Leute in einem Club erlaubt sind, dann muss der Club eigentlich gar nicht aufmachen", sagte Berkhahn.
Hören Sie in der neuen Folge von "Die Stunde Null":
- Was sich hinter der Kampagne "Save The Night" und dem Film "Nightlife on Mute" verbirgt
- Wie es für Steffen Berkhahn war, in Berlin seinen Sohn zu unterrichten statt am anderen Ende der Welt aufzulegen
- Wie DJs mit Streams versucht haben, ihre Fans zu erreichen
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