An einem mäßig warmen Hamburger Sommertag treffen sich in der City eine Bankerin und ein Finanzbeamter der Stadt zu einem heiklen Termin. Der alte Pferdemarkt am Gerhart-Hauptmann-Platz ist ein Ort des Geldes geworden, die landeseigene HSH Nordbank sitzt dort. Ihre Banker haben den Finanzbeamten ein Geständnis zu machen. Ein Geständnis, das die Bank in Not bringen könnte, auch führende Politiker. Es ist der 24. August 2017.
Noch heute, sieben Jahre später, besitzt die Sache Sprengkraft, vor allem politische. In dieser Woche sollen der frühere Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz, inzwischen Bundeskanzler, und sein Nachfolger, Peter Tschentscher, vor einem Untersuchungsausschuss in Hamburg aussagen. Gut möglich, dass sie unangenehme Fragen beantworten müssen. Es geht vordergründig, mal wieder, um sogenannte Cum-Ex-Geschäfte. Illegale Steuertricks, durch die dem deutschen Staat insgesamt womöglich zwölf Milliarden Euro geraubt wurden. Hamburgs Finanzverwaltung hat dabei eine unrühmliche Rolle gespielt. Seit einiger Zeit aber ermittelt etwa die Staatsanwaltschaft Köln in einer ähnlichen Angelegenheit, die deutlich größer erscheint – und öffentlich bisher kaum bekannt ist. Es geht um sogenannte Cum-Cum-Geschäfte. Deutschlandweit sollen dem Staat durch sie rund 28 Milliarden Euro gestohlen worden sein. Das hat ein Expertenteam um den angesehenen Mannheimer Steuerprofessor Christoph Spengel errechnet.
Diese Deals gelten als größter Steuerraub der deutschen Geschichte. Sie verliefen, grob gesagt, so: Ausländische Investoren bekamen mithilfe deutscher Banken die deutsche Kapitalertragssteuer erstattet, obwohl sie keinen Anspruch hatten. Ein äußerst lukratives Geschäft für beide Seiten – zum Schaden der Steuerzahler. Es gibt bisher nur wenige öffentlich bekannte Fälle und Ermittlungen dazu. Nun aber sind Akten aufgetaucht, die dem stern vorliegen.