was-macht-eigentlich Gerhard Glogowski

Der gelernte Werkzeugmacher und SPD-Politiker erklärte im November 1999 nach Vorwürfen der Vorteilsnahme im Amt seinen RÜCKTRITT als Ministerpräsident von Niedersachsen

Der gelernte Werkzeugmacher und SPD-Politiker erklärte im November 1999 nach Vorwürfen der Vorteilsnahme im Amt seinen RÜCKTRITT als Ministerpräsident von NiedersachsenZur Person :

NEUES SPIEL Seit Juli 2000 ist Gerhard Glogowski, 57, Präsident von Eintracht Braunschweig. Neben seinen Parteijobs sitzt der Diplomvolkswirt noch in den Aufsichtsräten diverser Firmen, zum Beispiel von VW und Nord/LB. Seit März 1999 ist Glogowski mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Marianne Horstkötter in zweiter Ehe verheiratet. Massive Vorwürfe gab es, als er sich bei der Bezahlung der Hochzeitsreise (rechts: beim Tauchen in Ägypten) angeblich nicht korrekt verhalten hat

Sie sind seit Saisonbeginn Präsident des Fußball-Drittligisten Eintracht Braunschweig. Wie läuft die Saison?

Bisher gut. Wir haben in der neuen Liga attraktive Gegner und mehr Zuschauer als mancher Zweitligaverein.

Sie wollen aufsteigen?

Ja. Schon wegen unserer Tradition gehören wir wieder in die Bundesliga.

Als niedersächsischer Ministerpräsident sind Sie vergangenen November abgestiegen. Damals schienen Sie überhaupt nicht zu verstehen, warum sie zurücktreten mussten. Wissen Sie es heute?

Das war die Vielfalt der Anwürfe, die geringe Chance, sich überhaupt wehren zu können. Und meine Überzeugung, dass man, wenn solche Dinge entstehen, auch die Konsequenz ziehen muss. In Deutschland ist das zwar nicht unbedingt üblich. Aber das ist meine Art, auch persönlich für derartige Dinge einzustehen.

Mittlerweile haben aber auch der Sonderermittler der Landesregierung und der Untersuchungsausschuss festgestellt, dass Sie sich bereichert hatten.

Das ist falsch. Von den erhobenen Vorwürfen ist nicht viel übrig geblieben. Außerdem habe ich meine Konsequenzen gezogen.

Sie haben die Rechnung Ihrer Hochzeitsreise erst bezahlt, nachdem sich Journalisten dafür interessierten.

Falsch. Ich habe bezahlt. Und zwar wenige Wochen nach Erhalt der Rechnung.

Sie haben sich Ihre Hochzeitsfeier mit Freibier sponsern lassen.

Zwei Freunde haben jeder ein Fass Bier mitgebracht und mir geschenkt. Heute würde ich sagen: Jungs, lasst das!

Sie haben also nichts falsch gemacht?

Doch. Leider waren da einige Nachlässigkeiten. Aber wenn ich mich in der Bundesrepublik umsehe, sind das - im Vergleich zu den Schwarze-Kassen-Millionen und manch anderen Dingen - wirklich Peanuts.

Sie spielen auf den hessischen Ministerpräsident Roland Koch an, der trotz des Schwarzgeld-Skandals noch regiert?

Der sitzt seine ganz dicken Dinger einfach aus, und das gilt - so absonderlich das wirklich ist - inzwischen sogar als Zeichen von Führungsstärke. Wie man sieht, ist das alles auch eine Frage der Darstellung durch die Medien. Ich glaube nicht, dass das, was in meinem Fall geschehen ist, solchen Medienrummel rechtfertigte. Aber so war es halt. Ich habe mich damit abzufinden.

Sie sind bis nächstes Jahr SPD-Bezirkschef in Braunschweig. Sie sind nach wie vor Land-tagsabgeordneter, weiterhin Aufsichtsratschef der Braunschweiger Stadtwerke, Eintracht-Präsident - haben wir etwas vergessen?

Ja, ich bin auch noch Mitglied im Rat der Stadt Braunschweig. Sie sehen, ich engagiere mich weiter für das öffentliche Wohl.

Haben nicht diese vielen Funktionen den Klüngelverdacht erst aufkommen lassen?

Ich halte es für positiv, dass man aktiv ist, sich für Menschen einsetzt, Verantwortung übernimmt, Ehrenämter hat.

Schmerzt Sie, dass in der SPD nun alle glücklich darüber zu sein scheinen, statt Ihrer mit Sigmar Gabriel einen so jungen Ministerpräsidenten zu haben?

Wenn jemand abtritt, der über 50 ist, ist es nicht außergewöhnlich, wenn der Nachfolger jünger ist.

Vermissen Sie die große Politik?

Viele Millionen Bürger leben glücklich ohne irgendein politisches Amt. Mir geht es jetzt genauso. Ein Politiker lebt doch weitgehend nach den Zwängen seiner Aufgaben. Jetzt entscheide ich wieder selber, was ich tue und lasse. Frei und alleine. Auch, was ich Journalisten sage und was nicht.

Hat Ihr alter Freund Gerhard Schröder noch Zeit für Sie?

Ja, wir sehen uns und sprechen nach wie vor miteinander. Und ich hoffe, wir spielen auch einmal Tennis gegeneinander. Aber nur im Doppel. Im Einzel ist er für mich zu stark.

Interview: Jan Bielicki

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