Sigmar Gabriel Der Sageviel

Auch im Alter von 46 Jahren gilt man manchmal noch als Talent. Wie etwa Sigmar Gabriel, ehemaliger niedersächsischer Ministerpräsident und Neu-Bundestagsabgeordneter. Den Beweis, dass er mehr ist als nur talentiert, muss Gabriel jedoch noch liefern.

Der designierte Umweltminister Sigmar Gabriel gilt als eines der größten politischen Talente der SPD in der Altersgruppe unter 50 Jahren. Er ist ein großartiger Redner, durchsetzungsfähig, begreift und redet schnell. Aber der 46-Jährige hat ein Problem: Noch nie hat er in einem politischen Amt tatsächlich langfristig erfolgreiche Arbeit abgeliefert. Als SPD-Fraktionschef in Niedersachsen wartete er ab, bis sich eine Karrierechance zum Ministerpräsidentenamt bot. Dann, als jüngster Landeschef nach dem Affären-Rücktritt von Gerhard Glogowski 1999, verwirrte er Freund und Feind mit unabgesprochenen Vorstößen. Offenbar verwirrte Gabriel auch die Wähler gleich mit.

Als Ministerpräsident abgewählt

Bei seiner ersten Landtagswahl als Ministerpräsident und Spitzenkandidat 2003 warfen sie ihn aus dem Amt und die SPD hinterher. Doch das Selbstbewusstsein von Gabriel nahm keinen Schaden. Er wurde trotz der Niederlage Oppositionschef und SPD-Fraktionsvorsitzender. Doch schnell wurde klar, dass Gabriel dem neuen harten Kurs des CDU-Ministerpräsidenten Christian Wulff wenig entgegenzusetzen hatte. Wulff griff mit Hilfe des VW-Skandals die alten SPD- und IG Metall-Seilschaften an. Von Gabriel war dagegen wenig zu sehen. Da hatte er wohl sowieso schon beschlossen, dass das Land zwischen Harz und Nordsee zu klein für ihn ist.

Er kandidierte erfolgreich für den Bundestag und holte seinen Wahlkreis direkt. Wie Schröder hatte auch Gabriel keine einfache Kindheit. Er wurde in Goslar geboren und wuchs dort unter dem Eindruck eines jahrelangen Sorgerechtsstreits der Eltern auf. Schulische Probleme waren die Folge. Heute ist Gabriel bekannt für sein Durchsetzungsvermögen, seinen Ehrgeiz und sein demonstrativ zur Schau gestelltes Selbstbewusstsein.

Bildung zum persönlichen Schwerpunkt gemacht

Gabriel studierte in Göttingen den Lehrerberuf und war nach Bundeswehr und Referendariat bis zum Einzug in den Landtag in seiner Heimatstadt in der Erwachsenenbildung tätig. Als Regierungschef machte der gelernte Pädagoge schon in seiner ersten Regierungserklärung das Thema Bildung zum persönlichen Schwerpunkt. In der Umweltpolitik zeigte er kein großes Profil. Am Mut zu neuen und unkonventionellen Vorschlägen fehlte es dem jüngsten deutschen Ministerpräsidenten nie, allzu oft folgte der schlagzeilenträchtig platzierten Idee aber keine Umsetzung. Die hohen Popularitätswerte, die er in Niedersachsen erreichen konnte, sackten schnell wieder ab. In den letzten Monaten brachte er vor allem sein Alter als Karrierehebel in Stellung: Gabriel gilt neben Andrea Nahles als Führungsfigur für die Generation der Nach-68er, die immer lauter die Macht in der SPD beansprucht.

Gabriel war nicht nur mit 40 der jüngste deutsche Ministerpräsident, er war schon mit 30 Landtagsabgeordneter, mit 37 Vize der Fraktion, mit 38 Fraktionschef. Gabriel ist in erste Ehe geschieden und hat eine Tochter. Seine Lebensgefährtin arbeitet als kaufmännische Angestellte in Hannover. Als Hobbys nennt er Fahrrad fahren, reisen und segeln.

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Claus-Peter Tiemann/AP