Die einzigen Trauergäste waren seine Mutter und die Schwester seines Geschäftspartners: Der Entführer von Natascha Kampusch, Wolfgang Priklopil, wurde auf einem Friedhof südlich von Wien beigesetzt. Dies bestätigte Generalmajor Gerhard Lang vom österreichischen Bundeskriminalamt (BK) der Nachrichtenagentur APA. Die Zeremonie dauerte nicht länger als fünf Minuten und fand ohne Priester statt.
Unbekannte Grabstätte
Die beiden Trauergäste hatten Kränze mit rosa und roten Rosen niedergelegt. Der Friedhof wurde von neun Kriminalbeamten gesichert. Priklopil, der sich kurz nach der Flucht seines Entführungsopfers vor einen Zug geworfen hatte, wurde in einem hellen Holzsarg unter falschem Namen beigesetzt. Wo genau sich das Grab Priklopils befindet, sagte Lang nicht. Dies soll Schaulustige fern zu halten und auch eine Grabschändung verhindern.
Natascha Kampusch war beim Begräbnis nicht anwesend, erklärte der BK-Vertreter. Die 18-Jährige hatte sich bereits zuvor in der Wiener Gerichtsmedizin von dem Mann verabschiedet, der sie fast achteinhalb Jahre in seinem Haus gefangen gehalten hatte.
Neuer Anlauf mit betreutem Wohnen
Sie selber wird in sieben bis zehn Tage in eine betreute Wohnung ziehen, berichtet die Zeitung "Österreich". Betreuer Max Friedrich: "Entscheidungen, die für andere normal sind, kann sie wahrscheinlich nicht alleine treffen. Etwa beim Einrichten oder bei Einkäufen sollte sie von jemandem begleitet werden. Sonst wird sie eventuell über den Tisch gezogen."
Doch diese Gefahr scheint nicht nur Natascha Kampusch zu drohen. Denn nachdem sie die Spendenaktion "Natascha Kampusch Foundation" ins Leben gerufen hat, weist die österreichische Polizei Spendenwillige darauf hin, dass Trittbrettfahrer im Internet aufgetaucht seien. "Wir ermitteln bereits wegen einiger Spendenaufrufe, die im Zusammenhang mit dem Fall Kampusch aufgetaucht sind und nichts mit ihren Spendenkonten zu tun haben", so Lang. Er appellierte an Unterstützer, nicht wahllos zu spenden, sondern vorher zumindest die Kontonummern zu überprüfen.
Natascha will Priklopils Haus
Natascha Kampusch will nach einem Bericht des Nachrichtenportals "news.at" den gesamten Erlös dieser Aktion für soziale Projekte verwenden. In ihren Interviews hatte sie angekündigt, Menschen mit ähnlichen Schicksalen, misshandelten Frauen und Hungernden in Afrika helfen zu wollen. Für ihre eigene Existenzsicherung soll nach Auskunft der Anwälte die Rechteverwertung der Interviews dienen.
Die 18-Jährige hat mittlerweile von den Ermittlern ein Paket mit persönlichen Gegenständen aus der Zeit ihrer Gefangenschaft bekommen. Und auch das Haus ihres Entführers hätte Natascha angeblich gerne für sich. Wie mehrere österreichische Medien berichten, sollen ihre Anwälte diesen Wunsch Nataschas geäußert haben. Allerdings wolle sie dabei Rücksicht auf die Mutter Priklopils nehmen. Die österreichische Regierung, nach dem Selbstmord Priklopils Erbe des Hauses, hat schon angekündigt, auf diesen Anspruch zu Gunsten von Natascha verzichten zu wollen.
Ermittlungen gehen weiter
Doch vorerst gehen auf dem Grundstück die Ermittelungen weiter. In der Erde im Garten wurden Kabel gefunden, die zu einer Garage im hinteren Teil führen, berichtet die österreichische Zeitung "Kurrier". Deren Sinn sei aber noch unklar. Die Ermittler seien nun dabei, den Untergrund des Grundstücks mit einem Bodenradar zu vermessen, um Spuren von Grabungen zu finden. Diese Suche diene laut "Kurier" auch dem Zweck, die Leiche eines etwaigen Mittäters von Priklopil zu finden.
Zwar gibt es laut österreichischer Polizei keine Hinweise auf einen Komplizen. Allerdings sollen alle Eventualitäten ausgeschlossen werden. "Stellen sie sich vor, in ein paar Jahren gräbt dort jemand und findet ein Skelett", zitiert die Zeitung einen Ermittler. "Den Skandal möchten wir vermeiden."